Die im Titel wiedergegebene Feststellung stellt den Kernsatz der Begründung einer inzwischen bereits zwei Jahre alten Entscheidung des 12. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs dar, mit der dieser eine von der Praxis weitgehend nicht bzw. in ihrem Umfang nicht wahrgenommene Änderung seiner Unterhaltsrechtsprechung vorgenommen hat.

In seinem Beschluss vom 18.1.2017[1] ist der Senat von seiner seit 2008 praktizierten ständigen Rechtsprechung,[2] nach der Tilgungsleistungen für eine selbst bewohnte Immobilie nur im Rahmen der sekundären Altersvorsorge als eine einkommensmindernde Verbindlichkeit des Unterhaltspflichtigen berücksichtigt werden konnten, abgewichen.[3] Er hat die Tilgungen bis zur Höhe des dem Einkommen des Unterhaltspflichtigen als geldwerten Vorteil hinzugerechneten Wohnwerts von diesem abgezogen. Die Berücksichtigung der Tilgung im Rahmen der sekundären Altersvorsorge soll dagegen auf den den Wohnwert übersteigenden Teil dieser Verbindlichkeiten beschränkt sein.

Das Argument für die bisher andere Behandlung der Tilgung im Unterhaltsrecht, dass mit ihr eine einseitige Vermögensbildung des Unterhaltspflichtigen zulasten des Unterhaltsberechtigten einhergehe, die von diesem nicht hingenommen werden müsse, wird aufgegeben. Dies wird damit begründet, dass der Unterhaltsberechtigte an der Erhöhung des Einkommens des Pflichtigen durch die Zurechnung des Wohnvorteils für das mietfreie Wohnen teilhabe und somit einen Ausgleich für die Berücksichtigung der Tilgungsleistungen erhalte. Da der Wohnwert ohne die Tilgung nicht generiert werden könne, sei die Befugnis des Unterhaltspflichtigen, hiermit gleichzeitig weiteres Vermögen zu bilden, unterhaltsrechtlich nicht eingeschränkt.

Der Senat hat es unterlassen, die mit seiner Entscheidung vollzogene Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung deutlich zu machen. Weder in den Leitsätzen noch in den Gründen wird die eigene ständige Rechtsprechung zur unterhaltsrechtlichen Behandlung von Tilgungsleistungen erwähnt. Dies hat dazu geführt, dass die Bedeutung der Entscheidung vielfach überhaupt nicht bekannt ist oder als auf den Elternunterhalt beschränkt angesehen wird. Zwar wird sie in der Literatur überwiegend als möglicherweise über den Elternunterhalt hinausreichend und von grundsätzlicher Bedeutung eingeschätzt.[4] Die Rechtsprechung hat sich jedoch bisher überhaupt nicht zu einer Anwendung der Grundsätze der Entscheidung auf andere Unterhaltstatbestände geäußert.[5] Die Leitlinien der Oberlandesgerichte nehmen hierzu ebenfalls keine Stellung.[6]

Diese im besten Fall als abwartend zu bezeichnende Beurteilung hat dazu beigetragen, dass die Entscheidung in der unterhaltsrechtlichen Praxis nicht die Bedeutung erlangt hat, die ihr zukommt. Dass die neue Beurteilung der Tilgungsleistungen nicht auf den vom Senat entschiedenen Fall des Elternunterhalts beschränkt sein sollte, ergibt sich ohne jeden Zweifel aus ihrer Begründung.

Diese stellt nicht etwa darauf ab, dass der gegenüber anderen Unterhaltsansprüchen am schwächsten ausgestaltete Elternunterhalt die Berücksichtigung von Verbindlichkeiten in einem weiteren Umfang als etwa beim Kindes- oder Ehegattenunterhalt zulässt. Vielmehr sind die Gründe für die Verneinung einer unterhaltsrechtlich nicht hinzunehmenden Vermögensbildung des Unterhaltspflichtigen und die Anerkennung des Junktims zwischen Wohnwert und Tilgung nicht spezifisch für den Elternunterhalt und können somit ohne weiteres auch auf alle sonstigen Unterhaltsansprüche bezogen werden. Dies sieht der Senat offensichtlich genauso, da ansonsten seine Aufforderung im Rahmen der Zurückverweisung einer anderen Rechtsbeschwerdesache an die Beschwerdeinstanz, bei der erneuten Entscheidung die Beurteilung der Berücksichtigungsfähigkeit von Tilgungsleistungen gegenüber dem Wohnwert im Rahmen eines Ehegattenunterhaltsanspruchs auf der Grundlage seiner Entscheidung vom 18.1.2017 in Betracht zu ziehen,[7] nicht zu verstehen wäre.

Der Senat betont zwar, dass seine neue Entscheidung die Behandlung von Tilgungsleistungen des Unterhaltspflichtigen für eine von diesem selbst bewohnte Immobilie betrifft. Hierauf dürfte sich die Anwendung der jetzt festgestellten Grundsätze jedoch nicht beschränken lassen. Es ist nämlich nicht ersichtlich, weshalb sie nicht in gleicher Weise auf Tilgungsleistungen des Unterhaltsberechtigten für seine Wohnung im Rahmen der Feststellung seiner Bedürftigkeit gelten soll. Auch die Aufwendungen der am Unterhaltsrechtsverhältnis Beteiligten für vermietetes Wohneigentum können hiervon nicht ausgenommen werden, da sich ohne Tilgung keine Mieteinnahmen erzielen lassen.

Im Ergebnis ist der Senat damit zu seiner vor 2008 praktizierten Rechtsprechung zur Berücksichtigung von Tilgungsleistungen für Immobilieneigentum im Unterhalt zurückgekehrt. Die Aufgabe der bis dahin geltenden Rechtsprechung war maßgeblich dadurch bestimmt, eine angebliche Doppelverwertung von Verbindlichkeiten beim Unterhalt sowie beim Zugewinnausgleich zu vermeiden.[8] Bei der nun erfolgt...

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