Rz. 65

§ 17 Abs. 3 ermächtigt das BMAS, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Verpflichtungen des Arbeitgebers oder eines Entleihers hinsichtlich bestimmter Gruppen von Arbeitnehmern oder Wirtschaftsbereichen oder Wirtschaftszweigen einzuschränken oder zu erweitern. Von dieser Verordnungsermächtigung hat das BMAS zweimal Gebrauch gemacht und die vorgenannten Pflichten durch die MiLoDokV eingeschränkt. Für eine Erweiterung der Pflichten aus den §§ 16 und 17 MiLoG hat das BMAS bisher keine Veranlassung gesehen. Eine Ausweitung der Pflichten kann erforderlich sein, wenn dem Verordnungsgeber Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass auch in weiteren Bereichen die Kontrolle des Mindestlohns aufgrund fehlender Aufzeichnungs-, Bereithaltungs- oder Meldepflichten erschwert ist. Liegen die speziellen Anforderungen für eine Gruppe oder einen Wirtschaftsbereich aufgrund besonderer Umstände nicht mehr vor, kann der Verordnungsgeber den Anwendungsbereich beschränken.[1]

 

Rz. 66

Seit dem 1.8.2015 gilt die MiLoDokV vom 29.7.2015.[2] Diese regelt auf Grundlage des § 17 Abs. 3 MiLoG, unter welchen Voraussetzungen die Pflichten zur Abgabe einer Anmeldung nach § 16 Abs. 1 bzw. Abs. 3 MiLoG und einer Versicherung nach § 16 Abs. 2 bzw. 4 MiLoG, zur Aufzeichnung der Arbeitszeit nach § 17 Abs. 1 MiLoG und zum Bereithalten von Unterlagen nach § 17 Abs. 2 MiLoG entfallen.

Da nicht nur § 17 Abs. 3 MiLoG, sondern auch § 19 Abs. 3 AEntG Ermächtigungsgrundlage ist, gilt die MiLoDokV auch im Rechtskreis des AEntG, wenn auch nur für eine einzelne Fallgestaltung.

[1] BT-Drucksache 18/1558 S. 49.
[2] BAnz AT 31.7.2015 V1.

17.1 Einschränkung der Pflichten des Arbeitgebers

 

Rz. 67

Die Pflichten des Arbeitgebers nach § 16 Abs. 1 und 2 MiLoG sowie nach § 17 Abs. 1 und 2 entfallen, wenn die Voraussetzungen des § 1 MiLoDokV erfüllt sind. Danach sind 3 Fallgestaltungen zu unterscheiden. Die Einschränkungen gelten, wenn:

  1. der Arbeitnehmer ein verstetigtes regelmäßiges Monatsentgelt von mehr als 2.958 EUR brutto erhält.[1]

    Der Grenzwert von 2.958 EUR ist für jeden Arbeitnehmer von Bedeutung, der ein Arbeitsentgelt von mehr als 2.958 EUR erhält, z. B. auch für einen Prokuristen in einer Spedition mit einem Gehalt von 6.500 EUR. Da dieser in einer Branche nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 SchwarzArbG tätig ist, besteht grundsätzlich die Pflicht, auch die Arbeitszeit des Prokuristen aufzuzeichnen. Unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 MiLoDokV kann die Aufzeichnungspflicht entfallen.

    Was unter einem verstetigten regelmäßigen Monatsentgelt zu verstehen ist, ist in § 1 MiLoDokV nicht ausdrücklich gesagt, kann jedoch aus den Regelungen des § 2 MiLoG und dem allgemeinen Sprachgebrauch hergeleitet werden. Nach § 2 Abs. 1 MiLoG ist der Mindestlohn monatlich zu zahlen, spätestens am letzten Bankarbeitstag des Monats, der auf den Monat der Arbeitsleistung erfolgt. Maßstab für die Regelmäßigkeit ist daher der Monat. "Regelmäßig" bedeutet "in bestimmten Abständen wiederkehrend"[2] und "Verstetigen" "gleichmäßig und beständig machen".[3] Ein verstetigtes Arbeitsentgelt dient also dazu, dem Arbeitnehmer gleichmäßige Einkünfte zu sichern.[4] Bedingt durch die unterschiedliche Anzahl von Arbeitstagen in den einzelnen Monaten, z. B. im Februar 20 Arbeitstage, im Juli 23 Arbeitstage, würde aufgrund der unterschiedlichen Anzahl der geleisteten Arbeitsstunden im jeweiligen Monat die Höhe des monatlichen Arbeitsentgelts abhängig von der Länge des Monats schwanken.

    Für die Ermittlung des verstetigten regelmäßigen Monatsentgelts sind sämtliche verstetigt gezahlte Bestandteile des Arbeitsentgelts des Arbeitgebers maßgeblich. Dies schließt auch Lohnbestandteile ein, die auf den Mindestlohn nicht anrechenbar sind. So können Erschwerniszuschläge oder Gefahrenzulagen, Zuschläge für regelmäßig anfallende Nacht- oder Sonntagsarbeit bei der Berechnung des Schwellenwertes von 2.958 EUR berücksichtigt werden, auch wenn die genannten Zuschläge und Zulagen nicht auf den Mindestlohn angerechnet werden können. Voraussetzung ist lediglich ihre regelmäßige verstetigte Zahlung.

    Ausgenommen von einer Anrechnung sind Sachbezüge, wie z. B. die Gestellung eines Dienstwagens zur privaten Nutzung.[5] Mit dem Begriff "Zahlungen" in § 1 Abs. 1 Satz 2 MiLoDokV sind ausschließlich Zuwendungen in Geld, bar oder per Überweisung, gemeint. Daher ist die Anrechnung von Sachbezügen weder vom Wortlaut noch vom Zweck der MiLoDokV gedeckt.

  2. der Arbeitnehmer ein verstetigtes regelmäßiges Monatsentgelt von mehr als 2.000 EUR brutto erhält und der Arbeitgeber dieses Monatsentgelt für die letzten vollen 12 Monate nachweislich gezahlt hat.[6]

    Der Betrag von 2.000 EUR ist das Ergebnis der politischen Diskussion um Erleichterungen bei der Dokumentationspflicht. Für die Ermittlung des Arbeitsentgelts von 2.000 EUR gelten dieselben Grundsätze, die nach § 1 Abs. 1 Satz 2 MiLoDokV für die Ermittlung des Grenzwertes von 2.958 EUR anzuwenden sind.

    Während es für einen neu eingestellten Arbeitnehmer ausreicht, dass im Arbeitsvertrag die Zahlung eines verstetigten regelmäßigen Arb...

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