Insbesondere in den Fällen, in denen den Wohnungseigentümern durch Vereinbarung, also insbesondere der Gemeinschaftsordnung, die Pflicht zu Erhaltung der Fenster im Bereich ihrer Sondereigentumseinheit auf ihre Kosten auferlegt ist, können einzelne Maßnahmen, auch wenn sie im Rahmen der Erhaltung durchgeführt werden, bauliche Veränderungen darstellen, die der Gestattungsbeschlussfassung nach § 20 Abs. 1 WEG bedürfen. Kommt der Gestattungsbeschluss nicht zustande, ist zu prüfen, ob eine Beschlussersetzungsklage nach § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG erfolgreich sein kann, weil mit der Maßnahme kein rechtlich relevanter Nachteil für die übrigen Wohnungseigentümer verbunden ist. Die insoweit maßgebliche Bestimmung des § 20 Abs. 3 WEG entspricht ihrem Wortlaut nach im Wesentlichen derjenigen des § 14 Nr. 1 WEG a. F. Insoweit kann bezüglich Baumaßnahmen, die seitens einzelner Wohnungseigentümer durchgeführt werden bzw. beabsichtigt sind, die Rechtsprechung zum Recht der baulichen Veränderung nach § 22 Abs. 1 WEG a. F. als Orientierungshilfe auch für die neue Rechtslage herangezogen werden.

 
Praxis-Beispiel

Verschieben des Mittelholms

Wird der Mittelholm eines 2-flügeligen Fensters verschoben[1] oder werden Fenster unterteilt[2], wurde von einer zustimmungspflichtigen baulichen Veränderung ausgegangen. Hieraus folgt, dass eine Beschlussersetzungsklage keinen Erfolg hätte.

 
Praxis-Beispiel

Einbau zusätzlicher "Velux"-Dachfenster

War einem Wohnungseigentümer per Mehrheitsbeschluss der Einbau zweier zusätzlicher "Velux"-Dachflächenfenster gestattet worden, berechtigte dieser Beschluss nicht zum Einbau eines erheblich längeren Velux-Dachflächenfensters, das sich als begehbarer Dachbalkon ausklappen lässt.[3] Auch hier wäre eine Beschlussersetzungsklage wohl nicht erfolgreich.

 
Praxis-Beispiel

Austausch von Holzfenstern gegen moderne Kunststofffenster

Der Austausch von Holzfenstern gegen ähnlich gestaltete moderne Kunststofffenster stellte nach alter Rechtslage in der Regel  eine Maßnahme der Modernisierung des Gemeinschaftseigentums dar. Eine Maßnahme der modernisierenden Instandsetzung war dann anzunehmen, wenn die Fenster ohnehin Instandsetzungsbedarf aufwiesen.[4]

Nach neuer Rechtslage stellen Maßnahmen der Modernisierung ebenfalls bauliche Veränderungen dar. Gegenüber der vormals geltenden Rechtslage können sie ebenfalls mit einfacher Mehrheit beschlossen werden. Die zentrale Frage einer Kostenverteilung unter sämtlichen Wohnungseigentümern beantwortet sich danach, ob sich die Kosten der Maßnahme innerhalb eines angemessenen Zeitraums von ca. 10 Jahren amortisieren oder aber mehr als 2/3 der abgegebenen Stimmen für die Maßnahme votieren und dabei die Hälfte der Miteigentumsanteile repräsentieren. Der erste Fall entspricht im Wesentlichen der früheren modernisierenden Instandsetzung, der zweite Fall der früheren Modernisierung des Gemeinschaftseigentums.

 
Praxis-Beispiel

Vergrößerung eines Fensters

Die Vergrößerung eines Fensters, die die Einbeziehung eines bisher nur als Lager- und Personalraum genutzten Raums eines Teileigentums in den Verkaufs- und Geschäftsbereich ermöglicht, kann eine unzumutbare Beeinträchtigung der übrigen Wohnungseigentümer darstellen und somit deren Einverständnis erforderlich machen, wenn dadurch in erhöhtem Maß Geräusche und Gerüche in den bisher weitgehend abgeschirmten Garten der Wohnanlage dringen.[5] Der Gestattungsbeschluss wäre demnach bereits auf Grundlage von § 20 Abs. 4 WEG anfechtbar. Eine Beschlussersetzungsklage wäre nicht erfolgreich.

 
Praxis-Beispiel

Schaufenster eines Ladengeschäfts

Wird das Schaufenster eines Ladengeschäfts von innen im Abstand von 40 cm völlig abgemauert und die bisherige Festverglasung des Schaufensters durch zwei Glasschiebetüren ersetzt, so handelt es sich dabei zweifellos um eine bauliche Veränderung, die eines Gestattungsbeschlusses nach § 20 Abs. 1 WEG bedarf. Sind damit allerdings keine nachteiligen optischen Veränderungen und keine nachteiligen Auswirkungen auf die Bausubstanz des gemeinschaftlichen Eigentums verbunden, kann ein Anspruch auf entsprechende Gestattungsbeschlussfassung bestehen, der im Wege der Beschlussersetzungsklage nach § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG durchgesetzt werden kann.[6]

 
Praxis-Beispiel

Kreisrunde Öffnungen in Außenfensterscheibe

Das Anbringen zweier kreisrunder Öffnungen mit einem Durchschnitt von jeweils 10 cm in 2 Außenfensterscheiben, um durch diese Öffnungen die Entlüftung von Büroräumen zu ermöglichen, ist kein geringfügiger Eingriff in das Gemeinschaftseigentum.[7] Eine Beschlussersetzungsklage wäre demnach wohl aussichtslos.

 
Praxis-Beispiel

Dreh- und Kippfenster in Giebelfront

Der Einbau von Dreh-/Kippfenstern in eine Giebelfront stellt eine das Einverständnis aller Wohnungseigentümer erfordernde bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums dar, wenn in der Giebelfront bereits Schwingflügelfenster eingebaut sind.[8] Zwar kann die Maßnahme auf Grundlage von § 20 Abs. 1 WEG gestattet werden, eine Klage auf Beschlussersetzung im Fall mehrheitlicher Abl...

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