Leitsatz

Die Erfolgsaussicht einer Kündigungsschutzklage kann nicht mit der Begründung versagt werden, bei einer nicht unterschriebenen Kündigungserklärung sei die 3-wöchige Klagefrist nach § 4 KSchG versäumt worden.

 

Sachverhalt

Eine Arbeitnehmerin hatte Prozesskostenhilfe für ihre am 9.11.2009 erhobene Kündigungsschutzklage beantragt. Sie wollte sich gegen die am 10.10.2009 zu­gegangene Kündigung wehren. Sie begründete ihre Klage damit, dass die Kündigung gem. § 623 BGB unwirksam sei, weil sie nicht unterschrieben war. Das Arbeitsge­richt hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen, mit dem Hinweis, die Klage habe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil die Klagefrist nach § 4 KSchG versäumt worden ist. Das Arbeitsgericht vertrat zudem die Auffassung, dass die Schriftlichkeit einer schriftlich verfassten Kündigung auch ohne Unterschrift gültig ist, wenn die Kündigung durch Boten in den Briefkasten geworfen wurde.

Der Anwalt der Arbeitnehmerin hat fristgerecht Beschwerde beim Arbeitsgericht eingelegt und u.a. zur Begründung vorgetragen, dass es ständige Rechtsprechung des BAG ist, wonach die mangelnde Schriftform einer Kündigungserklärung auch nach Ablauf der 3-Wochen-Frist des § 4 KSchG geltend gemacht werden kann. Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen, sodass nach § 572 ZPO das LAG entscheiden musste.

Zugunsten der Arbeitnehmerin entschied das LAG. Die Arbeitnehmerin stützt ihre Klage darauf, dass die ihr zugegangene (maschinen-) schriftlich verfasste Kündigungserklärung nicht unterschrieben war. Nach § 623 BGB bedarf die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut in § 4 Satz 1 KSchG gilt die Klagefrist nur für schriftliche Kündigungen. Dies entspricht im Übrigen der Rechtsprechung des BAG.

Mangelt es an der Schriftform, kann der Arbeitnehmer die Nichtigkeit einer formunwirksamen Kündigung auch außerhalb der 3-Wochen-Frist des § 4 KSchG geltend machen. Aus dem Gesetz ergibt sich weiterhin, dass eine formunwirksame Kündigung auch vorliegt, wenn bei einer schriftlich verfassten Erklärung die Unterschrift fehlt.

 

Hinweis

Die durch § 623 BGB vorgeschriebene Schriftform wird nach § 126 BGB nur dadurch erfüllt, dass die Urkunde eine eigenhändige Namensunterschrift oder ein notariell beglaubigtes Handzeichen trägt. Die Unterzeichnung mit einer Paraphe oder Kürzel ist gefährlich. Die Lesbarkeit der Unterschrift erfordert, dass der Schriftzug zumindest Andeutungen von Buchstaben erkennen lassen muss. "Schönschrift" kann aber gerade die Risiken im Arbeitsrecht vermeiden.

Zweifel an der Erkennbarkeit einer Unterschrift können z.B. auch bei einem be­fristeten Arbeitsvertrag zulasten des Arbeitgebers gehen (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 26.3.2010, 6 Sa 2345/09): Hier bestand der der Schriftzug lediglich aus zwei durch einen Punkt getrennte mehr oder minder offene Haken, wobei der Punkt so tief gesetzt war, dass er diese beiden Haken wie die Initialen von Vor- und Familiennamen des Unterzeichners erscheinen ließ, die jedoch wie eine Paraphe als Namenskürzel gerade keine Unterschrift i.S.d. § 126 Abs. 1 BGB darstellen.

 

Link zur Entscheidung

LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14.04.2010, 12 Ta 363/10.

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