2.1 Fehler in der Begründung des Arbeitsverhältnisses

In Betracht kommen sämtliche denkbaren Nichtigkeitsgründe (Geschäftsunfähigkeit; Formmängel, Verstoß gegen Verbotsgesetze[1], unwirksame Umgehungstatbestände[2], fehlende Erlaubnisse).

Der Abschluss eines Arbeitsvertrags kann auch von einer Bedingung abhängig gemacht werden – tritt im Weiteren die Bedingung nicht ein, entsteht ebenfalls kein wirksames Arbeitsverhältnis.

Unwirksame Umgehung zwingender gesetzlicher Regelungen

Die Nichtigkeit kann sich aus der unwirksamen Umgehung zwingender gesetzlicher Regelungen ergeben:

 
Praxis-Beispiel

Vereinbarung eines nichtigen "Anlernverhältnisses"

Ein Malermeisterbetrieb und eine volljährige Beschäftigte schließen einen auf 2 Jahre befristeten "Anlernvertrag für die Vermittlung von Grundkenntnissen und Fertigkeiten im Beruf: Maler- und Lackiererin – Gestaltung und Instandhaltung". Inhalt war eine "Einstiegsqualifizierung zum Ausbildungsberuf Malerin und Lackiererin" sowie "die Vermittlung von Grundkenntnissen und -fertigkeiten, die für den Einstieg in eine Berufsausbildung förderlich sind". Die Berufsschule wurde vereinbarungsgemäß nicht besucht. Das monatliche Entgelt liegt 40 % unter dem allgemeinverbindlichen Mindestlohn für Hilfsarbeiter des Malerhandwerks.

Schließen die Vertragsparteien keinen Berufsausbildungsvertrag, sondern begründen ein anderes Vertragsverhältnis nach § 26 BBiG auf der Grundlage eines "Anlernvertrags", ist dieser nach § 4 Abs. 2 BBiG i. V. m. § 134 BGB nichtig. § 4 Abs. 2 BBiG bestimmt, dass für einen anerkannten Ausbildungsberuf nur nach der Ausbildungsordnung ausgebildet werden darf. Das Rechtsverhältnis der Parteien ist deshalb nach den Grundsätzen des fehlerhaften (faktischen) Arbeitsverhältnisses zu behandeln. Wird die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten in einem anerkannten Ausbildungsberuf – wie hier nach den Vereinbarungen der Parteien – außerhalb eines Berufsausbildungsverhältnisses durchgeführt und statt eines Berufsausbildungsverhältnisses ein nichtiges "Anlernverhältnis" vereinbart, erbringt die auszubildende Person Tätigkeiten, wie sie einem Arbeitsverhältnis entsprechen, ohne dass ein solches zwischen den Parteien zustande gekommen ist. Dabei hat die Beschäftigte nach § 612 Abs. 2 BGB zumindest Anspruch auf Vergütung nach dem TV Mindestlohn, sofern der Tarifvertrag auf sie Anwendung findet.[3] Ist Letzteres der Fall, gelten auch etwaige tarifvertragliche Ausschlussfristen für die Geltendmachung des Vergütungsanspruchs.[4] Im Rahmen des § 612 Abs. 2 BGB muss der Arbeitgeber ggf. darlegen und beweisen, dass er den Arbeitnehmer tatsächlich auf einem bestimmten, niedriger zu bewertenden Arbeits- oder Entgeltniveau beschäftigt hat als es der "Üblichkeit", etwa anhand des Tarifvertrags, entspricht.

[1] Insoweit bestehen jedoch Einschränkungen im Hinblick auf die Anwendbarkeit der Rechtsfigur in Abhängigkeit vom Schutzzweck des Verbotsgesetzes, vgl. BAG, Urteil v. 3.11.2004, 5 AZR 592/04: ärztliche Tätigkeit trotz fehlender Approbation.
[2] BAG, Urteil v. 27.7.2010, 3 AZR 317/08, zum Abschluss eines "Anlernvertrags" statt eines Berufsausbildungsvertrags gemäß § 26 BBiG.

2.2 Anfechtung

Die unwahre Beantwortung einer in einem Einstellungsfragebogen zulässigerweise gestellten Frage ist eine arglistige Täuschung und berechtigt daher zur Anfechtung.[1] Zum Fragerecht des Arbeitgebers bei der Einstellung und den Folgen falscher Angaben des Bewerbers Einstellung von Arbeitnehmern.

Wegen gesundheitlicher Mängel kann die Anfechtung begründet sein, wenn dem Arbeitnehmer wegen eines nicht nur kurzfristigen Leidens (z. B. Epilepsie) die notwendige Fähigkeit fehlt oder er erheblich beeinträchtigt ist, die vertraglich übernommene Arbeit auszuführen.[2] Die Täuschung über das Nichtvorhandensein einer Schwangerschaft berechtigt nicht zur Anfechtung wegen arglistiger Täuschung oder wegen Irrtums.[3]

Die "unverzügliche" Anfechtungserklärung wegen Irrtums über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Arbeitnehmers i. S. d. § 121 BGB muss spätestens innerhalb von 2 Wochen nach Kenntnis der für die Anfechtung maßgebenden Tatsachen erfolgen.[4]

Das faktische Arbeitsverhältnis kann dann ohne weitere Fristen sofort durch einseitige Erklärung mit Wirkung für die Zukunft beendet werden.[5] Es sind keine Kündigungsfristen zu beachten, auch bedarf es keiner besonderen Form oder einer Betriebsratsanhörung. Danach noch erbrachte Arbeitsleistungen führen zu keinem weiteren Vergütungsanspruch, es sei denn, der Arbeitgeber hat diese entgegen seiner Beendigungserklärung angenommen; dafür bedarf es allerdings eindeutiger Hinweise.

2.3 Weitere Anwendungsfälle

Widerspruch bei Betriebsübergang

Bei Ausübung des Widerspruchsrechts nach eine...

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