Entscheidungsstichwort (Thema)

ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: CONSIGLIO NAZIONALE FORENSE – ITALIEN. RICHTLINIE 77/249/EWG – FREIER DIENSTLEISTUNGSVERKEHR – RECHTSANWAELTE – MOEGLICHKEIT, EINE KANZLEI EINZURICHTEN – ARTIKEL 52 UND 59 EG-VERTRAG. 1. Freizuegigkeit ° Niederlassungsfreiheit ° Bestimmungen des Vertrages ° Anwendungsbereich ° Beständige und kontinuierliche Ausübung einer unter anderem an die Angehörigen des Aufnahmestaates gerichteten Tätigkeit von einem Berufsdomizil aus, das in einem anderen Mitgliedstaat als dem Herkunftsstaat liegt ° Einbeziehung (EG-Vertrag, Artikel 52). 2. Freier Dienstleistungsverkehr ° Bestimmungen des Vertrages ° Anwendungsbereich ° Vorübergehender Charakter der ausgeuebten Tätigkeiten ° Kriterien ° Schaffung einer beruflichen Infrastruktur im Aufnahmemitgliedstaat ° Zulässigkeit ° Voraussetzungen (EG-Vertrag, Artikel 60 Absatz 3). 3. Freizuegigkeit ° Niederlassungsfreiheit ° Beschränkungen, die sich aus der Verpflichtung ergeben, im Aufnahmemitgliedstaat die Regelung über die Ausübung bestimmter Tätigkeiten einzuhalten ° Zulässigkeit ° Voraussetzungen ° Erfordernis eines Diploms ° Verpflichtung der nationalen Behörden, die Gleichwertigkeit der Diplome oder der Ausbildungen zu berücksichtigen (EG-Vertrag, Artikel 52)

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Angehöriger eines Mitgliedstaats, der in stabiler und kontinuierlicher Weise eine Berufstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat ausübt, in dem er sich von einem Berufsdomizil aus u. a. an die Angehörigen dieses Staates wendet, fällt unter die Vorschriften des Kapitels über das Niederlassungsrecht und nicht unter die des Kapitels über die Dienstleistungen.

2. Wie sich aus Artikel 60 Absatz 3 des Vertrages ergibt, beziehen sich die Vorschriften über den freien Dienstleistungsverkehr, zumindest wenn die Erbringung der Leistung mit einem Ortswechsel des Leistungserbringers verbunden ist, auf die Situation desjenigen, der sich von einem Mitgliedstaat in einen anderen begibt, nicht um sich dort niederzulassen, sondern um seine Tätigkeit dort vorübergehend auszuüben.

Der vorübergehende Charakter einer Dienstleistung ist unter Berücksichtigung ihrer Dauer, ihrer Häufigkeit, ihrer regelmässigen Wiederkehr und ihrer Kontinuität zu beurteilen. Er schließt nicht die Möglichkeit für den Dienstleistungserbringer im Sinne des Vertrages aus, sich im Aufnahmemitgliedstaat mit der Infrastruktur einschließlich eines Büros, einer Praxis oder einer Kanzlei auszustatten, die für die Erbringung seiner Leistung erforderlich ist.

3. Die Möglichkeit für einen Angehörigen eines Mitgliedstaats, sein Niederlassungsrecht auszuüben, und die Bedingungen dieser Ausübung sind unter Berücksichtigung der Tätigkeiten zu beurteilen, die er im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats ausüben will.

Unterliegt die Aufnahme einer spezifischen Tätigkeit im Aufnahmestaat keiner Regelung, so hat der Angehörige jedes anderen Mitgliedstaats das Recht, sich dort niederzulassen und diese Tätigkeit auszuüben. Unterliegt die Aufnahme oder Ausübung dieser Tätigkeit im Aufnahmemitgliedstaat jedoch bestimmten Bedingungen, so muß der Angehörige eines anderen Mitgliedstaats, der diese Tätigkeit ausüben will, diese Bedingungen grundsätzlich erfüllen.

Diese Bedingungen, die insbesondere in der Verpflichtung bestehen können, bestimmte Diplome zu besitzen, einer Berufsorganisation beizutreten, sich bestimmten Standesregeln oder einer Regelung über die Verwendung von Berufsbezeichnungen zu unterwerfen, müssen jedoch einige zwingende Voraussetzungen erfüllen, wenn sie die Ausübung einer durch den Vertrag garantierten grundlegenden Freiheit, wie der Niederlassungsfreiheit, behindern oder weniger attraktiv machen können. Dabei geht es um vier Voraussetzungen: keine diskriminierende Anwendung, Rechtfertigung aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses, Eignung, die Verwirklichung des verfolgten Zieles zu gewährleisten, und Beschränkung auf das, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist.

Was die Bedingungen in bezug auf den Besitz eines Befähigungsnachweises angeht, so müssen die Mitgliedstaaten die Gleichwertigkeit der Diplome berücksichtigen und gegebenenfalls eine vergleichende Prüfung der in ihren nationalen Vorschriften geforderten Kenntnisse und Qualifikationen und derjenigen des Betroffenen vornehmen.

 

Normenkette

EGVtr Art. 52 (jetzt Art. 43 EG), Art. 60 Abs. 3 (jetzt Art. 50 EG)

 

Beteiligte

Reinhard Gebhard

Consiglio dell'Ordine degli Avvocati e Procuratori di Milano

 

Tenor

1) Der in Artikel 60 Absatz 3 EG-Vertrag genannte vorübergehende Charakter der Dienstleistung ist unter Berücksichtigung ihrer Dauer, ihrer Häufigkeit, ihrer regelmässigen Wiederkehr und ihrer Kontinuität zu beurteilen.

2) Der Dienstleistungserbringer im Sinne des Vertrages kann sich im Aufnahmemitgliedstaat mit der für die Erbringung seiner Leistung erforderlichen Infrastruktur ausstatten.

3) Ein Angehöriger eines Mitgliedstaats, der in stabiler und kontinuierlicher Weise eine Berufstätigkeit in einem anderen Mitgliedst...

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