Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsanwälte. Richtlinie 89/48/EWG. Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen. Richtlinie 98/5/EG. Ständige Ausübung des Rechtsanwaltsberufs in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die Qualifikation erworben wurde. Führung der Berufsbezeichnung des Aufnahmemitgliedstaats. Voraussetzungen. Eintragung bei einer Berufskammer für Rechtsanwälte des Aufnahmemitgliedstaats

 

Beteiligte

Ebert

Donat Cornelius Ebert

Budapesti Ügyvédi Kamara

 

Tenor

1. Weder die Richtlinie 89/48/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen, in der durch die Richtlinie 2001/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Mai 2001 geänderten Fassung noch die Richtlinie 98/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 zur Erleichterung der ständigen Ausübung des Rechtsanwaltsberufs in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die Qualifikation erworben wurde, stehen der Anwendung nationaler Bestimmungen, gleich ob Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, die durch das Allgemeininteresse gerechtfertigt sind, wie Vorschriften über Organisation, Standespflichten, Kontrolle und Haftung, auf alle Personen, die den Rechtsanwaltsberuf im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats ausüben, insbesondere hinsichtlich des Zugangs zu diesem Beruf, entgegen.

2. Die Richtlinien 89/48 und 98/5 ergänzen einander dadurch, dass sie für die Rechtsanwälte der Mitgliedstaaten zwei Wege des Zugangs zum Rechtsanwaltsberuf in einem Aufnahmemitgliedstaat unter der dortigen Berufsbezeichnung einführen.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Fovárosi Ítélotábla (Ungarn) mit Entscheidung vom 23. Juni 2009, beim Gerichtshof eingegangen am 7. September 2009, in dem Verfahren

Donat Cornelius Ebert

gegen

Budapesti Ügyvédi Kamara

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot, der Richter K. Schiemann und L. Bay Larsen (Berichterstatter) sowie der Richterinnen C. Toader und A. Prechal,

Generalanwalt: P. Cruz Villalón,

Kanzler: B. Fülöp, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 16. September 2010,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Herrn Rechtsanwalt Ebert selbst,
  • der Budapesti Ügyvédi Kamara, vertreten durch P. Kiss und P. Köves, ügyvédek,
  • der ungarischen Regierung, vertreten durch J. Fazekas, M. Fehér und Zs. Tóth als Bevollmächtigte,
  • der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek als Bevollmächtigten,
  • der spanischen Regierung, vertreten durch J. López-Medel Bascones als Bevollmächtigten,
  • der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von P. Gentili, avvocato dello Stato,
  • der österreichischen Regierung, vertreten durch E. Riedl als Bevollmächtigten,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch B. Simon und H. Støvlbæk als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 89/48/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen (ABl. 1989, L 19, S. 16), in der durch die Richtlinie 2001/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Mai 2001 (ABl. L 206, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 89/48) und der Richtlinie 98/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 zur Erleichterung der ständigen Ausübung des Rechtsanwaltsberufs in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die Qualifikation erworben wurde (ABl. L 77, S. 36).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Ebert, einem deutschen Staatsangehörigen, der als Rechtsanwalt Mitglied der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf (Deutschland) ist, gegen die Budapesti Ügyvédi Kamara (Rechtsanwaltskammer Budapest) (Ungarn) über das von Herrn Ebert beanspruchte Recht, die Berufsbezeichnung „ügyvéd” (Rechtsanwalt in Ungarn) zu führen, ohne Mitglied der erwähnten Rechtsanwaltskammer dieses Mitgliedstaats zu sein.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Richtlinie 89/48

Rz. 3

Die Erwägungsgründe 7 und 8 der Richtlinie 89/48, die zeitlich auf das Ausgangsverfahren anwendbar ist, lauten:

„Es ist angezeigt, insbesondere den Begriff ‚reglementierte berufliche Tätigkeit’ zu definieren, um unterschiedliche soziologische Verhältnisse in den einzelnen Mitgliedstaaten zu berücksichtigen. Als reglementierte berufliche Tätigkeit ist nicht nur eine berufliche Tätigkeit zu betrachten, deren Aufnahme in einem Mitgliedstaat an den Besitz eines Diploms gebunden ist, sondern auch eine berufliche Tätigkeit, deren Aufnahme frei ist, wenn sie in Verbindung...

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