Entscheidungsstichwort (Thema)

Öffentliche Aufträge. Richtlinie 2004/18/EG. Vergabeverfahren. Nichtoffene Ausschreibung. Bewertung des Angebots. Aufforderung des öffentlichen Auftraggebers, das Angebot zu erläutern. Voraussetzungen

 

Beteiligte

SAG ELV Slovensko u.a

Efkon AG

SAG ELV Slovensko a.s

FELA Management AG

ASCOM (Schweiz) AG

Asseco Central Europe a.s

TESLA Stropkov a.s

Autostrade per l'Italia SpA

Stalexport Autostrady SA

Úrad pre verejné obstarávanie

 

Tenor

Art. 55 der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge ist dahin auszulegen, dass er gebietet, dass die nationale Regelung eine Bestimmung wie § 42 Abs. 3 des slowakischen Gesetzes Nr. 25/2006 über das öffentliche Auftragswesen in der auf die Ausgangsverfahren anwendbaren Fassung enthält, die im Wesentlichen vorsieht, dass, wenn ein Bewerber einen ungewöhnlich niedrigen Preis ansetzt, der öffentliche Auftraggeber ihn schriftlich auffordert, diesen zu erläutern. Es ist allein Sache des nationalen Richters, anhand des gesamten Akteninhalts zu überprüfen, ob die betreffenden Bewerber aufgrund der Aufforderung zur Erläuterung ihres Angebots dessen Zusammensetzung ausreichend darlegen konnten.

Art. 55 der Richtlinie 2004/18 steht dem Standpunkt eines öffentlichen Auftraggebers entgegen, der meint, er sei nicht verpflichtet, vom Bewerber eine Erläuterung eines ungewöhnlich niedrigen Preises zu verlangen.

Art. 2 der Richtlinie 2004/18 steht nicht einer Bestimmung des nationalen Rechts wie § 42 Abs. 2 des genannten Gesetzes Nr. 25/2006 entgegen, die im Wesentlichen vorsieht, dass der öffentliche Auftraggeber die Bewerber schriftlich dazu auffordern kann, ihr Angebot zu erläutern, ohne allerdings irgendeine Änderung des Angebots zu verlangen oder zu akzeptieren. Bei der Ausübung des Ermessens, über das der öffentliche Auftraggeber somit verfügt, hat er die verschiedenen Bewerber gleich und fair zu behandeln, so dass am Ende des Verfahrens zur Auswahl der Angebote und im Hinblick auf das Ergebnis dieses Verfahrens nicht der Eindruck entstehen kann, dass die Aufforderung zur Erläuterung den oder die Bewerber, an den bzw. die sie gerichtet war, ungerechtfertigt begünstigt oder benachteiligt hätte.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Najvyšší súd Slovenskej republiky (Slowakei) mit Entscheidung vom 9. November 2010, beim Gerichtshof eingegangen am 17. Dezember 2010, in dem Verfahren

SAG ELV Slovensko a.s.,

FELA Management AG,

ASCOM (Schweiz) AG,

Asseco Central Europe a.s.,

TESLA Stropkov a.s.,

Autostrade per l'Italia SpA,

EFKON AG,

Stalexport Autostrady SA

gegen

Úrad pre verejné obstarávanie,

Beteiligte:

Národná dial'ničná spoločnost' a.s.,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot (Berichterstatter), der Richterin A. Prechal, des Richters K. Schiemann, der Richterin C. Toader und des Richters E. Jarašiūnas,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 14. Dezember 2011,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der SAG ELV Slovensko a.s., der FELA Management AG, der ASCOM (Schweiz) AG, der Asseco Central Europe a.s. und der TESLA Stropkov a.s., vertreten durch R. Gorej, L. Vojčík und O. Gajdošech, avocats,
  • der Autostrade per l'Italia SpA, der EFKON AG und der Stalexport Autostrady SA, vertreten durch L. Poloma und G. M. Roberti, avocats,
  • des Úrad pre verejné obstarávanie, vertreten durch B. Šimorová als Bevollmächtigte,
  • der Národná dial'ničná spoločnost' a.s., vertreten durch D. Nemčíková und J. Čorba, advokát,
  • der slowakischen Regierung, vertreten durch B. Ricziová als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch C. Zadra und A. Tokár als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 2, 51 und 55 der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (ABl. L 134, S. 114).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Úrad pre verejné obstarávanie (Amt für öffentliches Beschaffungswesen, im Folgenden: Úrad) und Unternehmen, die von einer Ausschreibung für die Erbringung von Dienstleistungen der Erhebung von Maut auf Autobahnen und bestimmten Straßen ausgeschlossen wurden, die 2007 von der Národná dialničná spoločnost a.s. (im Folgenden: NDS), einer zu 100 % vom slowakischen Staat kontrollierten Handelsgesellschaft, durchgeführt wurde.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Art. 2 der Richtlinie 2004/18 bestimmt:

„Die öffentlichen Auftra...

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