Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Öffentliche Aufträge. Krankentransporte. Nationale Regelung, nach der Krankentransporte im Wege der Direktvergabe ohne jegliche Bekanntmachung und unter Erstattung der aufgewandten Kosten an Freiwilligenorganisationen vergeben werden dürfen, die die rechtlichen Voraussetzungen erfüllen und registriert sind. Zulässigkeit

 

Normenkette

AEUV Art. 49, 56; Richtlinie 2004/18/EG

 

Beteiligte

CASTA u.a

Consorzio Artigiano Servizio Taxi e Autonoleggio (CASTA) u. a

Azienda sanitaria locale di Ciriè, Chivasso e Ivrea (ASL TO4)

Regione Piemonte

 

Tenor

1. Die Art. 49 AEUV und 56 AEUV sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung nicht entgegenstehen, die es – wie im Ausgangsverfahren – zulässt, dass die örtlichen Behörden die Erbringung von Krankentransportdiensten im Wege der Direktvergabe ohne jegliche Bekanntmachung an Freiwilligenorganisationen vergeben, soweit der rechtliche und vertragliche Rahmen, in dem diese Organisationen tätig sind, tatsächlich zu dem sozialen Zweck und zu den Zielen der Solidarität und der Haushaltseffizienz beiträgt.

2. Wenn ein Mitgliedstaat es den Behörden erlaubt, für die Durchführung bestimmter Aufgaben unmittelbar auf Freiwilligenorganisationen zurückzugreifen, ist eine Behörde, die mit derartigen Organisationen Übereinkünfte schließen will, nach dem Unionsrecht nicht verpflichtet, vorher die Angebote verschiedener Organisationen zu vergleichen.

3. Ein Mitgliedstaat, der es erlaubt, dass die Behörden für die Durchführung bestimmter Aufgaben unmittelbar auf Freiwilligenorganisationen zurückgreifen und dass diese Organisationen bestimmte wirtschaftliche Tätigkeiten ausüben, muss für die Ausübung dieser Tätigkeiten Grenzen festlegen. Diese Grenzen müssen allerdings gewährleisten, dass die genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten im Verhältnis zur Gesamtheit der von diesen Organisationen ausgeübten Tätigkeiten geringfügig sind und deren freiwillige Tätigkeit unterstützen.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunale amministrativo regionale per il Piemonte (Regionales Verwaltungsgericht Piemont, Italien), mit Entscheidung vom 9. Januar 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 3. Februar 2014, in dem Verfahren

Consorzio Artigiano Servizio Taxi e Autonoleggio (CASTA) u. a.

gegen

Azienda sanitaria locale di Ciriè, Chivasso e Ivrea (ASL TO4),

Regione Piemonte,

Beteiligte:

Associazione Croce Bianca del Canavese u. a.,

Associazione nazionale pubblica assistenza (ANPAS) – Comitato regionale Liguria,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten der Vierten Kammer T. von Danwitz in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Fünften Kammer, sowie der Richter D. Šváby (Berichterstatter), A. Rosas, E. Juhász und C. Vajda,

Generalanwalt: N. Wahl,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • des Consorzio Artigiano Servizio Taxi e Autonoleggio (CASTA) u. a., vertreten durch M. Bellardi und P. Troianello, avvocati,
  • der Azienda sanitaria locale di Ciriè, Chivasso e Ivrea (ASL TO4), vertreten durch F. Dealessi, avvocato,
  • der Associazione Croce Bianca del Canavese u. a., vertreten durch E. Thellung De Courtelary und C. Tamburini, avvocati,
  • der Associazione nazionale pubblica assistenza (ANPAS) – Comitato regionale Liguria, vertreten durch R. Damonte, avvocato,
  • der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von P. Gentili, avvocato dello Stato,
  • der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek, J. Vláčil und T. Müller als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Pignataro-Nolin und A. Tokár als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 49 AEUV und 56 AEUV.

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Consorzio Artigiano Servizio Taxi e Autonoleggio (CASTA) und zwei Betreibern von Transportunternehmen (im Folgenden: CASTA u. a.) auf der einen sowie der Azienda sanitaria locale di Ciriè, Chivasso e Ivrea (ASL TO4) (örtliches Gesundheitsamt von Ciriè, Chivasso und Ivrea [ASL TO4]) und der Regione Piemonte (Region Piemont) auf der anderen Seite wegen der Vergabe ohne Ausschreibung der Dienstleistung zur Beförderung von Dialysepatienten in verschiedene medizinische Einrichtungen für die Zeit von Juni bis Dezember 2013 an die Associazione Croce Bianca del Canavese und mehrere andere Freiwilligenorganisationen (im Folgenden: Associazione Croce Bianca u. a.) und wegen der damit verbundenen Genehmigung der Kosten.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Die Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstl...

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