Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsmittel. Wettbewerb. Kartelle. Belgischer, deutscher, französischer, italienischer, niederländischer und österreichischer Markt für Badezimmerausstattungen. Beschluss, mit dem eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum festgestellt wird. Koordinierung der Verkaufspreise und Austausch sensibler Geschäftsinformationen. Einheitliche Zuwiderhandlung. Beweis. Geldbußen. Unbeschränkte Nachprüfung. Angemessene Verfahrensdauer. Verhältnismäßigkeit

 

Normenkette

AEUV Art. 101

 

Beteiligte

Villeroy & Boch Austria / Kommission

Europäische Kommission

Villeroy & Boch Austria GmbH

 

Tenor

1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2. Die Villeroy & Boch Austria GmbH trägt die Kosten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 29. November 2013,

Villeroy & Boch Austria GmbH mit Sitz in Mondsee (Österreich), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte A. Reidlinger und J. Weichbrodt,

Rechtsmittelführerin,

andere Partei des Verfahrens:

Europäische Kommission, vertreten durch M. Kellerbauer, L. Malferrari und F. Ronkes Agerbeek als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Vizepräsidenten des Gerichtshofs A. Tizzano in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Ersten Kammer, der Richterin M. Berger sowie der Richter E. Levits, S. Rodin (Berichterstatter) und F. Biltgen,

Generalanwalt: M. Wathelet,

Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 10. September 2015,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Mit ihrem Rechtsmittel begehrt die Villeroy & Boch Austria GmbH (im Folgenden: Villeroy & Boch Österreich) die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 16. September 2013, Villeroy & Boch Austria u. a./Kommission (T-373/10, T-374/10, T-382/10 und T-402/10, nicht veröffentlicht, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2013:455), soweit mit ihm ihre Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses K(2010) 4185 endg. der Kommission vom 23. Juni 2010 in einem Verfahren nach Artikel 101 [AEUV] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/39092 – Badezimmerausstattungen) (im Folgenden: streitiger Beschluss), soweit er sie betrifft, abgewiesen wurde.

Rechtlicher Rahmen

Verordnung (EG) Nr. 1/2003

Rz. 2

In Art. 23 Abs. 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln [101] und [102 AEUV] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) ist bestimmt:

„(2) Die Kommission kann gegen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen durch Entscheidung Geldbußen verhängen, wenn sie vorsätzlich oder fahrlässig

a) gegen Artikel [101] oder Artikel [102 AEUV] verstoßen …

Die Geldbuße für jedes an der Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen oder jede beteiligte Unternehmensvereinigung darf 10 % seines bzw. ihres jeweiligen im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes nicht übersteigen.

(3) Bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße ist sowohl die Schwere der Zuwiderhandlung als auch deren Dauer zu berücksichtigen.”

Leitlinien von 2006

Rz. 3

Nach Ziff. 2 der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a) der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 (ABl. 2006, C 210, S. 2, im Folgenden: Leitlinien von 2006) muss die Kommission bei der Bemessung der Geldbußen „die Schwere und die Dauer der Zuwiderhandlung berücksichtigen”; außerdem „dürfen die in Artikel 23 Absatz 2 Unterabsätze 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 genannten Obergrenzen nicht überschritten werden”.

Rz. 4

Ziff. 37 der Leitlinien von 2006 lautet:

„In diesen Leitlinien wird die allgemeine Methode für die Berechnung der Geldbußen dargelegt; jedoch können die besonderen Umstände eines Falles oder die Notwendigkeit einer ausreichend hohen Abschreckungswirkung ein Abweichen von dieser Methode oder der in Ziffer 21 festgelegten Obergrenze rechtfertigen.”

Vorgeschichte des Rechtsstreits und angefochtener Beschluss

Rz. 5

Die vom Kartell betroffenen Produkte sind Badezimmerausstattungen, die zu einer der drei folgenden Produktuntergruppen gehören: Armaturen, Duschabtrennungen und -zubehör sowie Sanitärkeramik (im Folgenden: drei Produktuntergruppen).

Rz. 6

Die vom Gericht in den Rn. 1 bis 19 des angefochtenen Urteils dargestellte Vorgeschichte des Rechtsstreits lässt sich wie folgt zusammenfassen.

Rz. 7

Mit dem streitigen Beschluss stellte die Kommission eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV und Art. 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 (ABl. 1994, L 1, S. 3, im Folgenden: EWR-Abkommen) im Badezimmerausstattungssektor fest. Diese Zuwiderhandlung, an der 17 Unternehmen beteiligt gewesen seien, habe in v...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge