Entscheidungsstichwort (Thema)

DBA Italien/Niederlande, Quellensteuerabzug, Erstattung eines Ausgleichszuschlags

 

Leitsatz (amtlich)

1. Vorbehaltlich insbesondere der vom vorlegenden Gericht entsprechend den Ausführungen in Randnr. 38 des vorliegenden Urteils vorgenommenen Prüfung der Art der „Erstattung“ des in den Ausgangsverfahren streitigen „Ausgleichszuschlags“ durch eine italienische Gesellschaft an eine niederländische Gesellschaft nach Art. 10 Abs. 3 des Abkommens zwischen der Italienischen Republik und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von Einkommen und Vermögen und zur Vermeidung der Steuerflucht, das am 8. Mai 1990 in Den Haag mit Zusatzprotokoll abgeschlossen wurde, ist davon auszugehen, dass ein Steuerabzug wie der in den Ausgangsverfahren streitige, soweit er auf diese Erstattung angewendet wird, keine nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 90/435/EWG des Rates vom 23. Juli 1990 über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten in der für die Ausgangsverfahren maßgeblichen Fassung grundsätzlich verbotene Besteuerung von Gewinnausschüttungen an der Quelle ist. Sollte das vorlegende Gericht jedoch die Auffassung vertreten, diese „Erstattung“ des Ausgleichszuschlags sei nicht steuerlicher Art, würde ein Steuerabzug wie der in den Ausgangsverfahren streitige hingegen eine nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 90/435 grundsätzlich verbotene Besteuerung von Gewinnausschüttungen an der Quelle darstellen.

2. Sollte das vorlegende Gericht den in den Ausgangsverfahren streitigen Steuerabzug als Besteuerung von Gewinnausschüttungen an der Quelle im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 90/435 in der für die Ausgangsverfahren maßgeblichen Fassung betrachten, könnte dieser Steuerabzug nur dann als in den Anwendungsbereich von Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie fallend angesehen werden, wenn zum einen das bilaterale Abkommen Vorschriften zur Beseitigung oder Minderung der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung von Dividendenausschüttungen enthielte und wenn zum anderen die Anwendung dieses Steuerabzugs die Wirkungen dieser Vorschriften nicht beseitigen würde; dies zu beurteilen obläge dem nationalen Gericht.

 

Normenkette

EWGRL 435/90 Art. 5 Abs. 1

 

Beteiligte

P. Ferrero

P. Ferrero E C. SPA

General Beverage Europe BV

Agenzia delle Entrate - Ufficio di Alba

Agenzia delle Entrate - Ufficio di Torino 1

 

Verfahrensgang

Commissione tributaria regionale di Torino (Italien) (Urteil vom 17.12.2007)

Commissione tributaria regionale di Torino (Italien) (Urteil vom 17.09.2007; Abl.EU 2008, Nr. C 260/7)

 

Tatbestand

„Vorabentscheidungsersuchen ‐ Richtlinie 90/435/EWG ‐ Begriff des Steuerabzugs an der Quelle ‐ Anwendung einer Abgabe von 5 % bei der Ausschüttung von Dividenden und der Erstattung des Ausgleichszuschlags‘ durch eine italienische Tochtergesellschaft an ihre in den Niederlanden niedergelassene Muttergesellschaft nach einem bilateralen Abkommen“

In den verbundenen Rechtssachen C-338/08 und C-339/08

betreffend Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht von der Commissione tributaria regionale di Torino (Italien) mit Entscheidungen vom 17. September 2007 und vom 17. Dezember 2007, beim Gerichtshof eingegangen am 22. Juli 2008, in den Verfahren

P. Ferrero e C. SpA

gegen

Agenzia delle Entrate ‐ Ufficio di Alba (C-338/08)

und

General Beverage Europe BV

gegen

Agenzia delle Entrate ‐ Ufficio di Torino 1 (C-339/08)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot (Berichterstatter), der Richterin C. Toader sowie der Richter K. Schiemann, P. Kũris und L. Bay Larsen,

Generalanwalt: P. Cruz Villalón,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 17. Dezember 2009,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der P. Ferrero e C. SpA, vertreten durch M. Cerrato und G. Maisto, avvocati,

‐ der General Beverage Europe BV, vertreten durch G. Maisto, avvocato,

‐ der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von P. Gentili, avvocato dello Stato,

‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Aresu und R. Lyal als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Rz. 1

Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung der Art. 5 Abs. 1 und 7 Abs. 2 der Richtlinie 90/435/EWG des Rates vom 23. Juli 1990 über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten (ABl. L 225, S. 6) in der für die Ausgangsverfahren maßgeblichen Fassung (im Folgenden: Richtlinie).

Rz. 2

Diese Ersuchen ergehen im Rahmen von zwei Rechtsstreitigkeiten zwischen der P. Ferrero e C. SpA (im Folgenden: Ferrero) und der General Beverage Europe BV (im Folgenden: GBE) einerseits und der italienischen Finanzverwaltung andererseits wegen Steuerabzügen, die diese anlässlich von Finanztransfers vornahm, di...

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