Entscheidungsstichwort (Thema)

Freizügigkeit. Aufenthaltsrecht. Staatsangehörige eines Mitgliedstaats, die in einem anderen Mitgliedstaat gearbeitet hat und dort nach der Aufgabe ihrer Berufstätigkeit geblieben ist. Kind, das im Aufnahmemitgliedstaat eine Berufsausbildung absolviert. Fehlen eigener Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts. Verordnung (EWG) Nr. 1612/68. Art. 12. Richtlinie 2004/38/EG

 

Beteiligte

Teixeira

Maria Teixeira

Secretary of State for the Home Department

London Borough of Lambeth

 

Tenor

1. Einem Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats, der im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats beschäftigt gewesen ist, in dem sein Kind eine Ausbildung absolviert, steht in seiner Eigenschaft als Elternteil, der die elterliche Sorge für dieses Kind tatsächlich wahrnimmt, unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens ein Recht zum Aufenthalt im Aufnahmemitgliedstaat auf der Grundlage allein von Art. 12 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 2434/92 des Rates vom 27. Juli 1992 geänderten Fassung zu, ohne dass er die in der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG festgelegten Voraussetzungen erfüllen muss.

2. Das Recht zum Aufenthalt im Aufnahmemitgliedstaat, das der Elternteil genießt, dem die elterliche Sorge für ein Kind tatsächlich zukommt, das gemäß Art. 12 der Verordnung Nr. 1612/68 sein Recht ausübt, eine Ausbildung zu absolvieren, hängt nicht von der Voraussetzung ab, dass dieser Elternteil über ausreichende Existenzmittel verfügt, so dass er während seines Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen dieses Mitgliedstaats in Anspruch nehmen muss, und über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz in diesem Staat verfügt.

3. Das Recht zum Aufenthalt im Aufnahmemitgliedstaat, das der Elternteil genießt, dem die elterliche Sorge für ein Kind eines Wanderarbeitnehmers tatsächlich zukommt, während das Kind eine Ausbildung in diesem Staat absolviert, hängt nicht von der Voraussetzung ab, dass einer der Elternteile des Kindes zu dem Zeitpunkt, zu dem es seine Ausbildung begonnen hat, als Wanderarbeitnehmer in diesem Mitgliedstaat berufstätig gewesen ist.

4. Das Recht zum Aufenthalt im Aufnahmemitgliedstaat, das der Elternteil genießt, der die elterliche Sorge für ein Kind eines Wanderarbeitnehmers tatsächlich wahrnimmt, während das Kind eine Ausbildung in diesem Staat absolviert, endet mit dem Eintritt der Volljährigkeit dieses Kindes, sofern es nicht weiterhin der Anwesenheit und der Fürsorge dieses Elternteils bedarf, um seine Ausbildung fortsetzen und abschließen zu können.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Court of Appeal (England & Wales) (Civil Division) (Vereinigtes Königreich) mit Entscheidung vom 10. Oktober 2008, beim Gerichtshof eingegangen am 7. November 2008, in dem Verfahren

Maria Teixeira

gegen

London Borough of Lambeth,

Secretary of State for the Home Department

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten J. N. Cunha Rodrigues, K. Lenaerts, J.-C. Bonichot und der Kammerpräsidentin P. Lindh sowie der Richter C. W. A. Timmermans, A. Rosas (Berichterstatter), K. Schiemann, P. Kūris, E. Juhász, L. Bay Larsen, T. von Danwitz und A. Arabadjiev,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 2. September 2009,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Frau Teixeira, vertreten durch R. Gordon, QC, und A. Berry, Barrister, beauftragt von N. Clarkson, Solicitor,
  • des London Borough of Lambeth, vertreten durch T. Vanhegan, Barrister,
  • der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch V. Jackson als Bevollmächtigte im Beistand von C. Lewis, QC,
  • der dänischen Regierung, vertreten durch J. Liisberg und R. Holdgaard als Bevollmächtigte,
  • der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Fernandes und M. F. Pinheiro als Bevollmächtigte,
  • der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch D. Maidani und M. Wilderspin als Bevollmächtigte,
  • der EFTA-Überwachungsbehörde, vertreten durch N. Fenger sowie durch L. Armati und I. Hauger als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 20. Oktober 2009

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 12 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft (ABl. L 257, S. 2) in d...

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