Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerbefreiung, Waldfläche, Wohnsitz des Erben in anderem Mitgliedstaat, Belegenheit des Grundstücks in anderem Mitgliedstaat, Kapitalverkehrsfreiheit

 

Leitsatz (amtlich)

Art. 63 AEUV ist dahin auszulegen, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, wonach für Wälder, die durch Vererbung erworben werden, unter der Voraussetzung eine Steuerbegünstigung gewährt wird, dass sie entsprechend dem nationalen Recht nachhaltig bewirtschaftet werden, aber diese Begünstigung auf Wälder beschränkt wird, die sich im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats befinden.

 

Normenkette

AEUV Art. 63

 

Beteiligte

Vlaams Gewest

Johannes Huijbrechts

 

Verfahrensgang

Hof van Beroep Antwerpen (Belgien) (Beschluss vom 21.11.2017; Abl.EU 2018, Nr. C 94/6)

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Hof van beroep te Antwerpen (Berufungsgericht Antwerpen, Belgien) mit Entscheidung vom 21. November 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 4. Dezember 2017, in dem Verfahren

Vlaams Gewest, vertreten durch die Vlaamse regering in Person des Vlaamse Minister van Begroting, Financiën en Energie,

Vlaams Gewest, vertreten durch die Vlaamse regering in Person des Vlaamse Minister van Omgeving, Natuur en Landbouw,

gegen

Johannes Huijbrechts

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung der Vizepräsidentin R. Silva de Lapuerta in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Ersten Kammer sowie der Richter J.-C. Bonichot (Berichterstatter), A. Arabadjiev, C. G. Fernlund und S. Rodin,

Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Herrn Huijbrechts, vertreten durch A. Visschers und P. Heeren, advocaten,
  • der belgischen Regierung, vertreten durch P. Cottin, J.-C. Halleux und C. Pochet als Bevollmächtigte im Beistand von G. Van Calster, advocaat,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Armenia und W. Roels als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 63 AEUV.

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Vlaams Gewest (Flämische Region, Belgien), vertreten durch die Vlaamse regering (Flämische Regierung, Belgien) in Person des Vlaamse Minister van Begroting, Financiën en Energie (Flämischer Minister für Haushalt, Finanzen und Energie) und in Person des Vlaamse Minister van Omgeving, Natuur en Landbouw (Flämischer Minister für Umwelt, Natur und Landwirtschaft), und Herrn Johannes Huijbrechts wegen der Befreiung von der Erbschaftsteuer, die er für in den Niederlanden belegene Wälder in Anspruch nehmen möchte.

Rechtlicher Rahmen

Rz. 3

Art. 15 des Vlaams wetboek der successierechten (Flämisches Erbschaftsteuergesetzbuch, im Folgenden: Erbschaftsteuergesetzbuch) sieht vor, dass die Steuer auf Erbschaften auf der Grundlage des steuerbaren Wertes des gesamten Vermögens des Erblassers nach Abzug der Schulden festgesetzt wird, unabhängig davon, wo es sich befindet.

Rz. 4

Art. 55c des Erbschaftsteuergesetzbuchs, jetzt Art. 2.7.6.0.3 des Vlaamse Codex Fiscaliteit (Flämisches Steuergesetzbuch), bestimmt, dass Liegenschaften, die nach belgischem Recht als „Wald” anzusehen sind, von der Erbschaftsteuer befreit sind, wenn für den Wald ein nachhaltiger Bewirtschaftungsplan gilt, der den von der flämischen Regelung aufgestellten und von der flämischen Forstverwaltung genehmigten Kriterien entspricht.

Rz. 5

In Art. 13a des Bosdecreet (Forstdekret) vom 13. Juni 1990 in der auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens anwendbaren Fassung heißt es:

„Die Erbschaftsteuern, die für den nach Art. 2.7.6.0.3 des Flämischen Steuergesetzbuchs befreiten Betrag geschuldet worden wären, werden als gewährte Subvention angesehen. Diese Subvention gilt als auf 30 Jahre ab Eröffnung des Nachlasses, für den die Befreiung erteilt wurde, zu einem Anteil von 1/30 pro Jahr gewährt.

Diese Subvention gilt als unter folgenden Bedingungen, die während des in Abs. 1 genannten Zeitraums von 30 Jahren erfüllt sein müssen, gewährt:

  1. die Liegenschaften müssen ihre Eigenschaft als Wald im Sinne von Art. 3 des vorliegenden Dekrets beibehalten;
  2. die Liegenschaften müssen weiterhin die Voraussetzungen des Art. 2.7.6.0.3 Abs. 2 des Flämischen Steuergesetzbuchs erfüllen;
  3. die tatsächliche Verwaltung muss dem genehmigten Bewirtschaftungsplan entsprechen.

Falls diese Bedingungen nicht erfüllt werden, hat der Eigentümer oder Nießbraucher des Waldes die Subvention für den restlichen Zeitraum, für den sie als gewährt gilt, zu erstatten …”

Rz. 6

Nach Art. 41 Abs. 2 des Forstdekrets legt die Flämische Regierung „die Kriterien für eine nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder” fest und bestimmt im Einklang mit Art. 7 dieses Dekrets, „für welche Wälder diese Kriterie...

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