Entscheidungsstichwort (Thema)

Seeverkehr. Seekabotage. Verordnung (EWG) Nr. 3577/92. Befristete Ausnahme von der Anwendung dieser Verordnung. Verpflichtung der Mitgliedstaaten, vor Ablauf der Geltung der Ausnahme keine Vorschriften zu erlassen, die geeignet sind, die Anwendung der Verordnung ernsthaft zu beeinträchtigen

 

Beteiligte

Enosi Efopliston Aktoploīas u.a

Enosi Efopliston Aktoploīas u. a

Ypourgos Emporikis Naftilias

Ypourgos Aigaiou

 

Tenor

Unter der Voraussetzung, dass es der griechische Gesetzgeber während der Geltung der befristeten Ausnahme von der Anwendung der Verordnung (EWG) Nr. 3577/92 des Rates vom 7. Dezember 1992 zur Anwendung des Grundsatzes des freien Dienstleistungsverkehrs auf den Seeverkehr in den Mitgliedstaaten (Seekabotage) in Griechenland unterlassen musste, Vorschriften zu erlassen, die geeignet sind, die vollständige und wirksame Anwendung dieser Verordnung ab 1. Januar 2004 – dem Zeitpunkt, zu dem die Geltung der befristeten Ausnahme endete – ernsthaft zu beeinträchtigen, wird diese vollständige und wirksame Anwendung nicht allein dadurch ernsthaft beeinträchtigt, dass der griechische Gesetzgeber im Jahr 2001 Vorschriften erlassen hat, die abschließenden und dauerhaften Charakter haben, die nicht vorsehen, dass ihre Geltung zum 1. Januar 2004 endet, und die gegen diese Verordnung verstoßen.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Symvoulio tis Epikrateias (Griechenland) mit Entscheidung vom 11. November 2008, beim Gerichtshof eingegangen am 2. April 2009, in dem Verfahren

Enosi Efopliston Aktoploīas u. a.

gegen

Ypourgos Emporikis Naftilias,

Ypourgos Aigaiou

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot, der Richterin C. Toader sowie der Richter C. W. A. Timmermans (Berichterstatter), K. Schiemann und P. Kuris,

Generalanwalt: P. Cruz Villalón,

Kanzler: N. Nanchev, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 25. Februar 2010,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Enosi Efopliston Aktoploīas u. a., vertreten durch A. Kalogeropoulos, dikigoros,
  • der griechischen Regierung, vertreten durch S. Chala und S. Trekli als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Lozano Palacios und D. Triantafyllou als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 10 EG, 49 EG und 249 EG sowie der Art. 1, 2, 4 und 6 Abs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 3577/92 des Rates vom 7. Dezember 1992 zur Anwendung des Grundsatzes des freien Dienstleistungsverkehrs auf den Seeverkehr in den Mitgliedstaaten (Seekabotage) (ABl. L 364, S. 7, und Berichtigung ABl. 1998, L 187, S. 56).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen von zwei Rechtsstreitigkeiten zwischen der Enosi Efopliston Aktoploīas (Vereinigung der Reeder der Küstenschifffahrt) sowie vier Aktiengesellschaften für die Küstenschifffahrt, ANEK, Minoīkes Grammes, N. E. Lesvou und Blue Star Ferries, und dem Ypourgos Emporikis Naftilias (Minister für die Handelsmarine) bzw. dem Ypourgos Aigaiou (Minister für die Ägäis) hinsichtlich der Gültigkeit zweier Erlasse dieser Minister, mit denen der Seeverkehr bestimmten Bedingungen unterworfen wird.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Art. 1 Abs. 1 der Verordnung Nr. 3577/92 lautet:

„Mit Wirkung vom 1. Januar 1993 gilt der Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs im Seeverkehr innerhalb eines Mitgliedstaats (Seekabotage) für Gemeinschaftsreeder, deren Schiffe in einem Mitgliedstaat registriert sind und unter der Flagge eines Mitgliedstaats fahren, sofern diese Schiffe alle Voraussetzungen erfüllen, um zur Kabotage in diesem Mitgliedstaat zugelassen zu werden; hierin eingeschlossen sind die in EUROS registrierten Schiffe, sobald dieses Register vom Rat gebilligt ist.”

Rz. 4

Art. 6 der Verordnung Nr. 3577/92 sieht vor:

„(1) Folgende Seeverkehrsdienstleistungen im Mittelmeerraum und entlang der Küste Spaniens, Portugals und Frankreichs werden im Wege einer Sonderregelung von der Anwendung dieser Verordnung zeitweilig ausgenommen:

  • Kreuzfahrten bis zum 1. Januar 1995;
  • Beförderung strategischer Güter (Erdöl, Erdölerzeugnisse und Trinkwasser) bis zum 1. Januar 1997;
  • Beförderungsleistungen durch Schiffe von weniger als 650 BRZ bis zum 1. Januar 1998;
  • Linienpassagier- und -fährdienste bis zum 1. Januar 1999.

(2) Inselkabotage im Mittelmeerraum und Kabotage mit den Kanarischen Inseln, den Azoren und Madeira, Ceuta und Melilla, den französischen Inseln vor der Atlantikküste und den französischen überseeischen Departements werden im Wege einer Sonderregelung von der Anwendung dieser Verordnung zeitweilig bis zum 1. Januar 1999 ausgenommen.

(3) Aus Gründen des sozioökonomischen Zusammenhalts wird die Sonderregelung gemäß Absatz 2 im Falle Griechenlands für Linienpassagier- und...

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