Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Rechtsangleichung. Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW). OGAW-Verwaltungsgesellschaften. Verpflichtungen betreffend die Information der Anleger. Pflicht zur Aktualisierung der ‚Angaben von wesentlicher Bedeutung im Prospekt’. Umfang. Zusammensetzung eines Organs der Verwaltungsgesellschaft. Umsetzung in das Recht der Mitgliedstaaten. Nationale Regelung, die im Zusammenhang mit der Aktualisierung des Prospekts das Spektrum der Zuwiderhandlungen, die festgestellt und geahndet werden können, erweitert

 

Normenkette

Richtlinie 2009/65/EG Art. 72, 69 Abs. 2; Richtlinie 2009/65/EG Angaben in Anhang I Schema A; Richtlinie 2009/65/EG Art. 99a Buchst. r

 

Beteiligte

INVEST FUND MANAGEMENT

„Invest Fund Management” AD

Komisia za finansov nadzor

 

Tenor

1. Art. 72 der Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) in der durch die Richtlinie 2014/91/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 geänderten Fassung

ist dahin auszulegen, dass

die in Anhang I Schema A dieser Richtlinie vorgesehenen Angaben über eine Verwaltungsgesellschaft, die der Prospekt nach Art. 69 Abs. 2 der Richtlinie mindestens enthalten muss, unter den Begriff „Angaben von wesentlicher Bedeutung im Prospekt” im Sinne von Art. 72 der Richtlinie fallen, so dass sie auf dem neuesten Stand zu halten sind.

2. Art. 99a Buchst. r der Richtlinie 2009/65 in der durch die Richtlinie 2014/91 geänderten Fassung

ist dahin auszulegen, dass

er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, nach der gegen eine Verwaltungsgesellschaft, die nicht innerhalb der in dieser nationalen Regelung festgelegten Frist die in den Art. 68 bis 82 dieser Richtlinie vorgesehene verpflichtende Aktualisierung des Prospekts mehrerer Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren vorgenommen hat, wegen jedes dieser Organismen eine verwaltungsrechtliche Sanktion verhängt werden kann, obwohl die Änderung, die in diesen Prospekten vorzunehmen gewesen wäre, einzig die Zusammensetzung eines Organs der Verwaltungsgesellschaft betrifft, vorausgesetzt, die verwaltungsrechtliche Sanktion ist wirksam, abschreckend und verhältnismäßig.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Sofiyski rayonen sad (Rayongericht Sofia, Bulgarien) mit Entscheidung vom 17. September 2020, beim Gerichtshof eingegangen am 30. September 2020, in dem Verfahren

„Invest Fund Management” AD

gegen

Komisia za finansov nadzor

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Arabadjiev, des Vizepräsidenten des Gerichtshofs L. Bay Larsen in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters der Ersten Kammer, der Richter P. G. Xuereb und A. Kumin sowie der Richterin I. Ziemele (Berichterstatterin),

Generalanwalt: A. M. Collins,

Kanzler: M. Siekierzyńska, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 26. Januar 2022,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der „Invest Fund Management” AD, vertreten durch I. Antov, S. Dobrev, I. Georgiev, B. Karadzhov, M. Mitkova, T. Nacheva, S. Nedev, B. Teknedzhiev und V. Tokushev, Advokati,
  • der Komisia za finansov nadzor, vertreten durch B. Gercheva, A. Giorchev, L. Valchovska und M. Vasileva,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch J. Möller und S. Heimerl als Bevollmächtigte,
  • der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von F. Meloncelli, Avvocato dello Stato,
  • der luxemburgischen Regierung, vertreten durch A. Germeaux und T. Uri als Bevollmächtigte,
  • der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch C. Auvret, C. Georgieva, J. Rius Riu und H. Tserepa-Lacombe als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA), vertreten durch F. Barzanti, G. Filippa und R. Vasileva Hoff als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 31. März 2022

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 69 Abs. 2, Art. 72 und Art. 99a Buchst. r der Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) (ABl. 2009, L 302, S. 32) in der durch die Richtlinie 2014/91/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 (ABl. 2014, L 257, S. 186) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 2009/65).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der „Invest Fund Management” AD (im Folgenden: IFM) und der Komisia za finansov nadzor (Kommission für Finanzaufsicht, Bulgarien, im Folgenden: KFN) wegen einer Geldbuße, die gegen IFM v...

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