Entscheidungsstichwort (Thema)

Freizügigkeit. Unionsbürgerschaft. Recht auf Aufenthalt für mehr als drei Monate. Person, die die Arbeitnehmereigenschaft nicht mehr besitzt. Bezieher einer Altersrente. Voraussetzung der ausreichenden Existenzmittel, damit die ‚Sozialhilfeleistungen’ des Aufnahmemitgliedstaats nicht unangemessen in Anspruch genommen werden. Antrag auf eine besondere beitragsunabhängige Geldleistung. Ausgleichszulage zur Ergänzung der Altersrente. Zuständigkeit des Wohnsitzmitgliedstaats. Voraussetzungen für die Gewährung. Rechtmäßiger Aufenthalt im nationalen Hoheitsgebiet. Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht

 

Normenkette

Richtlinie 2004/38/EG Art. 7 Abs. 1 Buchst. b; Verordnung (EG) Nr. 883/2004 Art. 3 Abs. 3, Art. 70

 

Beteiligte

Brey

Pensionsversicherungsanstalt

Peter Brey

 

Tenor

Das Unionsrecht, wie es sich insbesondere aus den Art. 7 Abs. 1 Buchst. b, 8 Abs. 4 und 24 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG ergibt, ist dahin auszulegen, dass es einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren streitigen entgegensteht, wonach selbst in der Zeit nach einem dreimonatigen Aufenthalt die Gewährung einer Leistung wie der Ausgleichszulage nach § 292 Abs. 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes in der durch das Budgetbegleitgesetz 2011 mit Geltung ab dem 1. Januar 2011 geänderten Fassung an einen wirtschaftlich nicht aktiven Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaats unter allen Umständen und automatisch aufgrund der Tatsache ausgeschlossen ist, dass dieser, obwohl ihm eine Anmeldebescheinigung ausgestellt wurde, die Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Aufenthalt für mehr als drei Monate im Hoheitsgebiet des ersten Staates deshalb nicht erfüllt, weil dieses Aufenthaltsrecht davon abhängt, dass dieser Staatsangehörige über ausreichende Existenzmittel verfügt, um diese Leistung nicht beantragen zu müssen.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Obersten Gerichtshof (Österreich) mit Entscheidung vom 14. Februar 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 19. März 2012, in dem Verfahren

Pensionsversicherungsanstalt

gegen

Peter Brey

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, der Richter E. Jarašiūnas und A. Ó Caoimh (Berichterstatter), der Richterin C. Toader sowie des Richters C. G. Fernlund,

Generalanwalt: N. Wahl,

Kanzler: A. Impellizzeri, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 7. März 2013,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Herrn Brey, vertreten durch Rechtsanwalt C. Rappold,
  • der österreichischen Regierung, vertreten durch G. Hesse als Bevollmächtigten,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und J. Möller als Bevollmächtigte,
  • von Irland, vertreten durch E. Creedon als Bevollmächtigte im Beistand von A. Collins, SC, und G. Gilmore, BL,
  • der griechischen Regierung, vertreten durch M. Tassopoulou als Bevollmächtigte,
  • der niederländischen Regierung, vertreten durch M. Noort und C. Wissels als Bevollmächtigte,
  • der schwedischen Regierung, vertreten durch A. Falk und H. Karlsson als Bevollmächtigte,
  • der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch C. Murrell und J. Coppel als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch V. Kreuschitz und C. Tufvesson als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 29. Mai 2013

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG (ABl. L 158, S. 77, und Berichtigung im ABl. 2004, L 229, S. 35).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Brey und der Pensionsversicherungsanstalt wegen deren Weigerung, ihm zur Ergänzung seiner deutschen Rente die nach österreichischem Recht vorgesehene Ausgleichszulage zu gewähren.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Richtlinie 2004/38

Rz. 3

In den Erwägungsgründen 10, 16, 20 und 21 der Richtlinie 2004/38 heißt es:

„(10)… Personen, die ihr Aufenthaltsrecht ausüben, [sollten] während ihres ersten Aufenthalts die Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats nicht unangemessen in Anspruch nehmen. Daher sollte das A...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge