Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Asylpolitik. Gemeinsame Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes. Antrag auf internationalen Schutz. Unzulässigkeitsgründe. Nationale Regelung, nach der der Antrag unzulässig ist, wenn der Antragsteller aus einem Land, in dem er nicht der Verfolgung oder der Gefahr eines ernsthaften Schadens ausgesetzt ist, in dem betreffenden Mitgliedstaat eingetroffen ist oder dieses Land ausreichenden Schutz gewährt. Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf. Gerichtliche Kontrolle von Verwaltungsentscheidungen über die Unzulässigkeit von Anträgen auf internationalen Schutz. Frist von acht Tagen für die Entscheidung

 

Normenkette

Richtlinie 2013/32/EU Art. 33 Abs. 2, Art. 46; Charta der Grundrechte der Europäischen Union Art. 47

 

Beteiligte

Bevándorlási és Menekültügyi Hivatal

LH

Bevándorlási és Menekültügyi Hivatal

 

Tenor

1. Art. 33 der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der ein Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig abgelehnt werden kann, weil der Antragsteller über einen Staat in das Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats eingereist ist, in dem er keiner Verfolgung oder Gefahr eines ernsthaften Schadens ausgesetzt ist oder in dem ein angemessenes Schutzniveau gewährleistet ist.

2. Art. 46 Abs. 3 der Richtlinie 2013/32 in Verbindung mit Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die einem Gericht, das mit einem Rechtsbehelf gegen eine Entscheidung befasst wird, mit der ein Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig abgelehnt wurde, eine Frist von acht Tagen für seine Entscheidung setzt, wenn dieses Gericht nicht in der Lage ist, innerhalb einer solchen Frist die Wirksamkeit der materiell-rechtlichen Vorschriften und der dem Antragsteller vom Unionsrecht gewährten Verfahrensgarantien zu gewährleisten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Fővárosi Közigazgatási és Munkaügyi Bíróság (Hauptstädtisches Verwaltungs- und Arbeitsgericht, Ungarn) mit Entscheidung vom 21. August 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 7. September 2018, in dem Verfahren

LH

gegen

Bevándorlási és Menekültügyi Hivatal

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot, der Vizepräsidentin des Gerichtshofs R. Silva de Lapuerta (Berichterstatterin), der Richter M. Safjan und L. Bay Larsen sowie der Richterin C. Toader,

Generalanwalt: M. Bobek,

Kanzler: I. Illéssy, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 11. September 2019,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von LH, vertreten durch T. Á. Kovács und B. Pohárnok, ügyvédek,
  • der ungarischen Regierung, ursprünglich vertreten durch M. Z. Fehér, G. Tornyai und M. Tátrai, dann durch M. Z. Fehér und M. M. Tátrai als Bevollmächtigte,
  • der deutschen Regierung, ursprünglich vertreten durch T. Henze und R. Kanitz, dann durch R. Kanitz als Bevollmächtigte,
  • der französischen Regierung, vertreten durch D. Colas, D. Dubois und E. de Moustier als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Condou-Durande, A. Tokár und J. Tomkin als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 5. Dezember 2019

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 33 und 46 Abs. 3 der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (ABl. 2013, L 180, S. 60) sowie von Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen LH und dem Bevándorlási és Menekültügyi Hivatal (Amt für Einwanderung und Asyl, Ungarn) über dessen Entscheidung, seinen Antrag auf internationalen Schutz ohne Prüfung in der Sache als unzulässig abzulehnen und seine Abschiebung anzuordnen, verbunden mit einem Einreise- und Aufenthaltsverbot für die Dauer von zwei Jahren.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Die Erwägungsgründe 11, 12, 18, 43, 44, 50, 56 und 60 der Richtlinie 2013/32 sehen vor:

„(11) Um eine umfassende und effiziente Bewertung des Bedürfnisses der Antragsteller nach internationalem Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes [(ABl. 2011, L 337, S. 9)] zu gewährleis...

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