Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Missbräuchliche Klauseln. Mahnverfahren. Zwangsvollstreckungsverfahren. Befugnis des nationalen Vollstreckungsgerichts, die Unwirksamkeit der missbräuchlichen Klausel vom Amts wegen zu berücksichtigen. Rechtskraft. Effektivitätsgrundsatz. Charta der Grundrechte der Europäischen Union. Rechtsschutz

 

Normenkette

Richtlinie 93/13/EWG

 

Beteiligte

Finanmadrid EFC

Finanmadrid EFC SA

Jesús Vicente Albán Zambrano

María Josefa García Zapata

Jorge Luis Albán Zambrano

Miriam Elisabeth Caicedo Merino

 

Tenor

Die Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen ist dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, nach der das mit der Vollstreckung eines Mahnbescheids befasste Gericht die Missbräuchlichkeit einer in einem Vertrag zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher enthaltenen Klausel nicht von Amts wegen prüfen darf, wenn die mit dem Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids befasste Stelle nicht befugt ist, eine solche Prüfung vorzunehmen.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Juzgado de Primera Instancia nº 5 de Cartagena (Gericht erster Instanz von Cartagena, Spanien) mit Entscheidung vom 23. Januar 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 3. Februar 2014, in dem Verfahren

Finanmadrid EFC SA

gegen

Jesús Vicente Albán Zambrano,

María Josefa García Zapata,

Jorge Luis Albán Zambrano,

Miriam Elisabeth Caicedo Merino

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Vizepräsidenten des Gerichtshofs A. Tizzano in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Ersten Kammer sowie der Richter A. Borg Barthet und E. Levits (Berichterstatter), der Richterin M. Berger und des Richters S. Rodin,

Generalanwalt: M. Szpunar,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 2. September 2015,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der spanischen Regierung, vertreten durch A. Rubio González als Bevollmächtigten,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze, J. Kemper, D. Kuon und J. Mentgen als Bevollmächtigte,
  • Ungarns, vertreten durch M. Z. Fehér Miklós und G. Szima als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch É. Gippini Fournier und M. van Beek als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 11. November 2015

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. L 95, S. 29) und von Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Finanmadrid EFC SA (im Folgenden: Finanmadrid) einerseits und Herrn J. V. Albán Zambrano, Herrn J. L. Albán Zambrano, Frau García Zapata und Frau Caicedo Merino andererseits über Beträge, die aufgrund eines Verbraucherkreditvertrags geschuldet werden.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Art. 3 der Richtlinie 93/13 lautet:

„(1) Eine Vertragsklausel, die nicht im Einzelnen ausgehandelt wurde, ist als missbräuchlich anzusehen, wenn sie entgegen dem Gebot von Treu und Glauben zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner verursacht.

(2) Eine Vertragsklausel ist immer dann als nicht im Einzelnen ausgehandelt zu betrachten, wenn sie im Voraus abgefasst wurde und der Verbraucher deshalb, insbesondere im Rahmen eines vorformulierten Standardvertrags, keinen Einfluss auf ihren Inhalt nehmen konnte.

Die Tatsache, dass bestimmte Elemente einer Vertragsklausel oder eine einzelne Klausel im Einzelnen ausgehandelt worden sind, schließt die Anwendung dieses Artikels auf den übrigen Vertrag nicht aus, sofern es sich nach der Gesamtwertung dennoch um einen vorformulierten Standardvertrag handelt.

Behauptet ein Gewerbetreibender, dass eine Standardvertragsklausel im Einzelnen ausgehandelt wurde, so obliegt ihm die Beweislast.

(3) Der Anhang enthält eine als Hinweis dienende und nicht erschöpfende Liste der Klauseln, die für missbräuchlich erklärt werden können.”

Rz. 4

Art. 6 der Richtlinie 93/13 bestimmt:

„(1) Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass missbräuchliche Klauseln in Verträgen, die ein Gewerbetreibender mit einem Verbraucher geschlossen hat, für den Verbraucher unverbindlich sind, und legen die Bedingungen hierfür in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften fest; sie sehen ferner vor, dass der Vertrag für beide Parteien auf derselben Grundlage bindend bleibt, wenn er ohne die missbräuchlichen Klauseln bestehen kann.

(2) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit der Verbraucher den durch diese Richtlinie gewährten Schutz nicht verliert, wenn das Recht eines Drittlands als das auf den Vertrag anz...

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