Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Geistiges und gewerbliches Eigentum. Verkauf rechtsverletzender Waren. Recht auf Auskunft im Zusammenhang mit einem Verfahren wegen Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums. Regelung eines Mitgliedstaats, die es den Bankinstituten gestattet, sich zu weigern, einem Antrag auf Auskunftserteilung betreffend ein Bankkonto stattzugeben (Bankgeheimnis)

 

Normenkette

Richtlinie 2004/48/EG Art. 8 Abs. 3 Buchst. e

 

Beteiligte

Coty Germany GmbH

Stadtsparkasse Magdeburg

 

Tenor

Art. 8 Abs. 3 Buchst. e der Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Rechtsvorschrift wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegensteht, die es einem Bankinstitut unbegrenzt und bedingungslos gestattet, eine Auskunft nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. c dieser Richtlinie über Namen und Anschrift eines Kontoinhabers unter Berufung auf das Bankgeheimnis zu verweigern.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesgerichtshof (Deutschland) mit Entscheidung vom 17. Oktober 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 18. November 2013, in dem Verfahren

Coty Germany GmbH

gegen

Stadtsparkasse Magdeburg

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen, der Richterin K. Jürimäe, der Richter J. Malenovský (Berichterstatter) und M. Safjan sowie der Richterin A. Prechal,

Generalanwalt: P. Cruz Villalón,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Coty Germany GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt M. Fiebig,
  • der Stadtsparkasse Magdeburg, vertreten durch Rechtsanwalt N. Gross,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und J. Kemper als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch F. Bulst und F. Wilman als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 16. April 2015

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 8 Abs. 3 Buchst. e der Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (ABl. L 157, S. 45, berichtigt im ABl. L 195, S.16).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Coty Germany GmbH (im Folgenden: Coty Germany) als Inhaberin von Rechten des geistigen Eigentums und einem Bankinstitut, der Stadtsparkasse Magdeburg (im Folgenden: Stadtsparkasse), wegen deren Weigerung, Coty Germany Auskünfte über ein Bankkonto zu erteilen.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

In den Erwägungsgründen 2, 10, 13, 15, 17 und 32 der Richtlinie 2004/48 heißt es:

„(2) Der Schutz geistigen Eigentums soll Erfinder oder Schöpfer in die Lage versetzen, einen rechtmäßigen Gewinn aus ihren Erfindungen oder Werkschöpfungen zu ziehen. Er soll auch die weitestgehende Verbreitung der Werke, Ideen und neuen Erkenntnisse ermöglichen. Andererseits soll er weder die freie Meinungsäußerung noch den freien Informationsverkehr, noch den Schutz personenbezogener Daten behindern; dies gilt auch für das Internet.

(10) Mit dieser Richtlinie sollen diese Rechtsvorschriften einander angenähert werden, um ein hohes, gleichwertiges und homogenes Schutzniveau für geistiges Eigentum im Binnenmarkt zu gewährleisten.

(13) Der Anwendungsbereich dieser Richtlinie muss so breit wie möglich gewählt werden, damit er alle Rechte des geistigen Eigentums erfasst, die den diesbezüglichen Gemeinschaftsvorschriften und/oder den Rechtsvorschriften der jeweiligen Mitgliedstaaten unterliegen. …

(15) Diese Richtlinie sollte das materielle Recht auf dem Gebiet des geistigen Eigentums, nämlich die Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr [(ABl. L 281, S. 31)], die Richtlinie 1999/93/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 1999 über gemeinschaftliche Rahmenbedingungen für elektronische Signaturen [(ABl. 2000, L 13, S. 12)] und die Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt [(ABl. L 178, S. 1),] nicht berühren.

(17) Die in dieser Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe sollten in jedem Einzelfall so bestimmt werden, dass den spezifischen Merkmalen dieses Falles, einschließlich der Sonderaspekte jedes Rechts an geistigem Eigentum und gegebenenfalls des vorsätzlichen oder nicht vorsätzlichen Charakters der Rechtsverletzung gebührend Rechnung getragen wird.

(32) Diese Richtlinie steht im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, die insbesondere mit der Charta der Grundre...

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