Entscheidungsstichwort (Thema)

Elektrizitätsbinnenmarkt. Erhöhung der Gebühr für den Zugang zum nationalen Elektrizitätsübertragungsnetz und seine Benutzung. Staatliche Beihilfen. Richtlinie 96/92/EG. Netzzugang. Diskriminierungsverbot

 

Beteiligte

AEM

AEM SpA

AEM Torino SpA

Autorità per l'energia elettrica e per il gas u. a

ENEL Produzione SpA

 

Tenor

1. Eine Maßnahme wie die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende, mit der übergangsweise für den Zugang zum nationalen Elektrizitätsübertragungsnetz und seine Benutzung eine erhöhte Gebühr allein von den Erzeuger- und Verteilerunternehmen von aus Wasser- und Erdwärmekraftwerken stammender Elektrizität verlangt wird, um den diesen Unternehmen durch die Liberalisierung des Elektrizitätsmarktes infolge der Umsetzung der Richtlinie 96/92/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Dezember 1996 betreffend gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt während der Übergangszeit entstehenden Vorteil auszugleichen, stellt eine Differenzierung zwischen Unternehmen im Bereich von Belastungen dar, die aus der Natur und dem inneren Aufbau der fraglichen Lastenregelung folgt. Daher ist diese Differenzierung als solche keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 EG.

Doch darf eine Beihilfe nicht getrennt von den Auswirkungen ihrer Finanzierungsweise untersucht werden. Wenn daher in einer Situation wie derjenigen der Ausgangsverfahren ein zwingender Verwendungszusammenhang zwischen der Erhöhung der Gebühr für den Zugang zum nationalen Elektrizitätsübertragungsnetz und seine Benutzung und einer nationalen Beihilferegelung in dem Sinne besteht, dass das Aufkommen aus der Erhöhung notwendig für die Finanzierung der genannten Beihilfe verwendet wird, so ist die Erhöhung Bestandteil dieser Regelung und muss demnach zusammen mit ihr geprüft werden.

2. Der in der Richtlinie 96/92 niedergelegte Grundsatz des diskriminierungsfreien Zugangs zum nationalen Elektrizitätsübertragungsnetz verwehrt es einem Mitgliedstaat nicht, übergangsweise eine Maßnahme wie die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende zu erlassen, mit der nur von bestimmten Elektrizitätserzeugungs- und -verteilungsunternehmen eine erhöhte Gebühr für den Zugang zu dem genannten Netz und seine Benutzung verlangt wird, um den Vorteil auszugleichen, der diesen Unternehmen während der Übergangszeit durch die Änderung des rechtlichen Rahmens infolge der auf die Umsetzung der genannten Richtlinie zurückzuführenden Liberalisierung des Elektrizitätsmarktes entsteht. Doch hat sich das vorlegende Gericht zu vergewissern, dass die Gebührenerhöhung nicht über das hinausgeht, was zum Ausgleich des genannten Vorteils erforderlich ist.

 

Tatbestand

In den verbundenen Rechtssachen

betreffend Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Consiglio di Stato (Italien) mit Entscheidungen vom 14. Januar 2003, beim Gerichtshof eingegangen am 24. März 2003, in den Verfahren

AEM SpA (C-128/03),

AEM Torino SpA (C-129/03)

gegen

Autorità per l'energia elettrica e per il gas u. a.,

unterstützt durch

ENEL Produzione SpA,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas sowie der Richter A. Borg Barthet, S. von Bahr (Berichterstatter), J. Malenovský und U. Lôhmus,

Generalanwältin: C. Stix-Hackl,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 8. September 2004,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der AEM SpA und der AEM Torino SpA, vertreten durch O. Brouwer, advocaat, und T. Salonico, avvocato,
  • der italienischen Regierung, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten im Beistand von M. Fiorilli, avvocato dello Stato,
  • der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch V. Di Bucci und H. Støvlbæk als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 28. Oktober 2004

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

1 Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung des Artikels 87 EG und der Richtlinie 96/92/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Dezember 1996 betreffend gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt (ABl. 1997, L 27, S. 20), insbesondere ihrer Artikel 7 und 8.

2 Diese Ersuchen ergehen im Rahmen von Klagen der Gesellschaften AEM SpA (im Folgenden: AEM) und AEM Torino SpA (im Folgenden: AEM Torino), mit denen diese zwei Beschlüsse der Autorità per l'energia elettrica e per il gas (Elektrizitäts- und Gasbehörde, im Folgenden: AEEG) und ein Ministerialdekret angreifen, wonach bestimmte Wasser- und Erdwärmekraftwerke für den Zugang zum nationalen Elektrizitätsübertragungsnetz und seine Benutzung eine erhöhte Gebühr zu zahlen haben.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

3 Nach Artikel 1 der Richtlinie 96/92 werden mit dieser „gemeinsame Vorschriften für die Elektrizitätserzeugung, -übertragung und -verteilung erlassen. Sie regelt ferner die Organisation und Funktionsweise des Elektrizitätssektors, den Marktzugang, die Kriterien und Ve...

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