Entscheidungsstichwort (Thema)

Öffentliche Aufträge. Vergabeverfahren. Öffentliche Dienstleistungskonzessionen. Konzession für den Betrieb eines gemeindlichen Kabelfernsehnetzes. Vergabe an eine interkommunale Genossenschaft durch eine Gemeinde. Transparenzpflicht. Voraussetzungen. Ausübung einer Kontrolle durch die konzessionserteilende Stelle über die konzessionsnehmende Einrichtung wie über ihre eigenen Dienststellen

 

Beteiligte

Coditel Brabant

Coditel Brabant SA

Région de Bruxelles-Capitale

Commune d'Uccle

 

Tenor

1. Die Art. 43 EG und 49 EG, der Gleichheitsgrundsatz und das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit sowie die daraus folgende Transparenzpflicht hindern eine öffentliche Stelle nicht daran, eine öffentliche Dienstleistungskonzession ohne Ausschreibung an eine interkommunale Genossenschaft zu vergeben, deren Mitglieder sämtlich öffentliche Stellen sind, wenn diese öffentlichen Stellen über die Genossenschaft eine Kontrolle ausüben wie über ihre eigenen Dienststellen und die Genossenschaft ihre Tätigkeit im Wesentlichen für diese öffentlichen Stellen verrichtet.

2. Vorbehaltlich der Sachverhaltsermittlung im Hinblick auf das Maß an Selbständigkeit der in Rede stehenden Genossenschaft durch das vorlegende Gericht kann unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens, wenn die Entscheidungen über die Tätigkeiten einer interkommunalen Genossenschaft, deren Anteile ausschließlich von öffentlichen Stellen gehalten werden, von Satzungsorganen dieser Genossenschaft getroffen werden, die aus Vertretern der angeschlossenen öffentlichen Stellen bestehen, die Kontrolle, die diese Stellen über die betreffenden Entscheidungen ausüben, als Kontrolle dieser Stellen über die Genossenschaft wie über ihre eigenen Dienststellen angesehen werden.

3. Wenn eine öffentliche Stelle einer interkommunalen Genossenschaft, deren Mitglieder sämtlich öffentliche Stellen sind, beitritt, um ihr die Verwaltung eines gemeinwirtschaftlichen Dienstes zu übertragen, kann die Kontrolle über die Genossenschaft durch die ihr angeschlossenen Stellen, damit sie als eine Kontrolle wie über deren eigene Dienststellen angesehen werden kann, von den angeschlossenen Stellen gemeinsam, gegebenenfalls mit Mehrheitsbeschluss, ausgeübt werden.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Conseil d'État (Belgien) mit Entscheidung vom 3. Juli 2007, beim Gerichtshof eingegangen am 12. Juli 2007, in dem Verfahren

Coditel Brabant SA

gegen

Commune d'Uccle,

Région de Bruxelles-Capitale,

Beteiligte:

Société Intercommunale pour la Diffusion de la Télévision (Brutélé),

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas sowie der Richter A. Ó Caoimh, J. N. Cunha Rodrigues (Berichterstatter), J. Klučka und A. Arabadjiev,

Generalanwältin: V. Trstenjak,

Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 9. April 2008,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Coditel Brabant SA, vertreten durch F. Tulkens und V. Ost, avocats,
  • der Commune d'Uccle, vertreten durch P. Coenraets, avocat,
  • der Société Intercommunale pour la Diffusion de la Télévision (Brutélé), vertreten durch N. Fortemps und J. Bourtembourg, avocats,
  • der belgischen Regierung, vertreten durch J. C. Halleux als Bevollmächtigten im Beistand von B. Staelens, avocat,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch M. Lumma und J. Möller als Bevollmächtigte,
  • der niederländischen Regierung, vertreten durch C. Wissels und Y. de Vries als Bevollmächtigte,
  • der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch B. Stromsky und D. Kukovec als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 4. Juni 2008

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 43 EG und 49 EG, des Gleichbehandlungsgrundsatzes und des Verbots der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit sowie der daraus folgenden Transparenzpflicht.

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Coditel Brabant SA (im Folgenden: Coditel) auf der einen Seite und der Commune d'Uccle (im Folgenden: Gemeinde Uccle), der Région de Bruxelles-Capitale (im Folgenden: Region Brüssel-Hauptstadt) und der Société Intercommunale pour la Diffusion de la Télévision (Brutélé) (im Folgenden: Brutélé) auf der anderen Seite über die Vergabe des Betriebs ihres gemeindlichen Kabelfernsehnetzes durch die Gemeinde Uccle an eine interkommunale Genossenschaft.

Rechtlicher Rahmen

Nationales Recht

Rz. 3

Art. 1 des Gesetzes vom 22. Dezember 1986 über die Interkommunalen (Moniteur belge vom 26. Juni 1987, S. 9909, im Folgenden: Gesetz über die Interkommunalen) lautet:

„Mehrere Gemeinden können sich innerhalb der Vorgaben dieses Gesetzes zu Vereinigungen mit bestimmten Zielen des kommunalen Interesses zusammenschließen. Diese Vereinigungen werden nachstehend als Interkommunale bezeichnet.”

Rz. ...

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