Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Verbraucherschutz. Missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen. Verfahren zum Erlass eines Zahlungsbefehls wegen eines Eigenwechsels, der Ansprüche aus einem Verbraucherkreditvertrag sichert

 

Normenkette

Richtlinie 93/13/EWG; Richtlinie 2008/48/EG

 

Beteiligte

Profi Credit Polska

Profi Credit Polska S.A. w Bielsku Białej

Mariusz Wawrzosek

 

Tenor

Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, die es ermöglicht, auf der Grundlage eines gültigen Eigenwechsels, der eine Forderung aus einem Verbraucherkreditvertrag besichert, einen Zahlungsbefehl zu erlassen, entgegensteht, wenn das mit einem Antrag auf Erlass eines Zahlungsbefehls befasste Gericht nicht die mögliche Missbräuchlichkeit der Klauseln dieses Vertrags prüfen darf und es aufgrund der Modalitäten für die Ausübung des Rechts, Widerspruch gegen einen solchen Zahlungsbefehl einzulegen, nicht möglich ist, die Einhaltung der dem Verbraucher nach dieser Richtlinie zustehenden Rechte zu gewährleisten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Sąd Rejonowy w Siemianowicach Řląskich I Wydział Cywilny (Rayonsgericht Siemianowice Řląskie I. Abteilung für Zivilsachen, Polen) mit Entscheidung vom 17. Februar 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 6. April 2017, in dem Verfahren

Profi Credit Polska S.A. w Bielsku Białej

gegen

Mariusz Wawrzosek

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, des Richters A. Rosas, der Richterinnen C. Toader (Berichterstatterin) und A. Prechal sowie des Richters E. Jarašiūnas,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: R. Şereş, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 1. März 2018,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna, B. Czech und S. Żyrek als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Cleenewerck de Crayencour, K. Herbout-Borczak, G. Goddin und N. Ruiz García als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 26. April 2018

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. 1993, L 95, S. 29) sowie von Art. 17 Abs. 1 und Art. 22 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. 2008, L 133, S. 66, und Berichtigungen in den ABl. 2009, L 207, S. 14, ABl. 2010, L 199, S. 40, ABl. 2011, L 234, S. 46, und ABl. 2015, L 36, S. 15).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Profi Credit Polska und Herrn Mariusz Wawrzosek wegen eines Antrags auf Erlass eines Zahlungsbefehls auf der Grundlage eines Eigenwechsels, den Herr Wawrzosek für die Zahlung von Beträgen ausgestellt hat, die für die Erfüllung eines ihm von Profi Credit Polska gewährten Verbraucherkredits geschuldet sein sollen.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Richtlinie 93/13

Rz. 3

Ausweislich des 24. Erwägungsgrundes der Richtlinie 93/13 müssen die Gerichte oder Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten über angemessene und wirksame Mittel verfügen, damit der Verwendung missbräuchlicher Klauseln in Verbraucherverträgen ein Ende gesetzt wird.

Rz. 4

Gemäß Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 ist Zweck dieser Richtlinie die Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über missbräuchliche Klauseln in Verträgen zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern.

Rz. 5

Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie lautet:

„Eine Vertragsklausel, die nicht im Einzelnen ausgehandelt wurde, ist als missbräuchlich anzusehen, wenn sie entgegen dem Gebot von Treu und Glauben zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner verursacht.”

Rz. 6

Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie sieht vor:

„Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass missbräuchliche Klauseln in Verträgen, die ein Gewerbetreibender mit einem Verbraucher geschlossen hat, für den Verbraucher unverbindlich sind, und legen die Bedingungen hierfür in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften fest; sie sehen ferner vor, dass der Vertrag für beide Parteien auf derselben Grundlage bindend bleibt, wenn er ohne die missbräuchlichen Klauseln bestehen kann.”

Rz. 7

Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass im Interesse der Verbraucher und der gewerbetreibenden Wettbewerber angemessene und wirksame Mittel vorhanden sind, damit der Verwendung missbräuchlicher Klauseln durch einen Gewerbetreibenden in den Verträgen, die er mit V...

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