Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Öffentliche Aufträge. Verkehr. Wendung ‚Nutzung eines geografisch abgegrenzten Gebiets zum Zwecke der Bereitstellung von Flughäfen und anderen Verkehrsendeinrichtungen für Beförderungsunternehmen im Luftverkehr’. Nationale Regelung, die für die Zuweisung von Flughafenflächen kein vorheriges Ausschreibungsverfahren vorsieht

 

Normenkette

Richtlinie 2004/17/EG; Richtlinie 96/67/EG

 

Beteiligte

Malpensa Logistica Europa

Malpensa Logistica Europa SpA

Società Esercizi Aeroportuali SpA (SEA)

 

Tenor

Art. 7 der Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen, die bei – auch nur vorübergehenden – Zuweisungen von für Bodenabfertigungsdienste bestimmten Flächen ohne Entrichtung einer Vergütung durch den Flughafenbetreiber keine vorherige öffentliche Ausschreibung vorsieht, nicht entgegensteht.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunale amministrativo regionale per la Lombardia (Regionales Verwaltungsgericht für die Lombardei, Italien) mit Entscheidung vom 4. November 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 31. Dezember 2015, in dem Verfahren

Malpensa Logistica Europa SpA

gegen

Società Esercizi Aeroportuali SpA (SEA),

Beteiligte:

Beta-Trans SpA,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Neunte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Juhász (Berichterstatter) sowie des Richters C. Vajda und der Richterin K. Jürimäe,

Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona,

Kanzler: R. Schiano, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 15. Februar 2017,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Malpensa Logistica Europa SpA, vertreten durch G. Greppi, P. Ferraris, G. Razeto und A. Bazzi, avvocati,
  • der Società Esercizi Aeroportuali SpA (SEA), vertreten durch R. Bertani, E. Raffaelli und A. Pavan, avvocati,
  • der Beta-Trans SpA, vertreten durch C. Mele und M. Giordano, avvocati,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch C. Zadra, W. Mölls und A. Tokár als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 3. Mai 2017

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 7 der Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste (ABl. 2004, L 134, S. 1).

Rz. 2

Das Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Malpensa Logistica Europa SpA und der Società Esercizi Aeroportuali SpA (SEA) (im Folgenden: SEA), der Betreibergesellschaft des Flughafens Mailand-Malpensa (Italien), über die Zuweisung von Flughafenflächen für die Erbringung von Bodenabfertigungsdiensten auf diesem Flughafen ohne vorheriges Ausschreibungsverfahren.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Richtlinie 96/67/EG

Rz. 3

Die Richtlinie 96/67/EG des Rates vom 15. Oktober 1996 über den Zugang zum Markt der Bodenabfertigungsdienste auf den Flughäfen der Gemeinschaft (ABl. 1996, L 272, S. 36) gilt nach Art. 1 Abs. 1 „für jeden den Bestimmungen des Vertrags unterliegenden und dem gewerblichen Luftverkehr offenstehenden Flughafen im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats nach folgenden Modalitäten”.

Rz. 4

Art. 6 („Drittabfertigung”) dieser Richtlinie bestimmt in den Abs. 1 und 2:

„(1) Die Mitgliedstaaten treffen … die erforderlichen Maßnahmen, um den Bodenabfertigungsdienstleistern den freien Zugang zum Markt der Drittabfertigungsdienste zu gewährleisten.

(2) Die Mitgliedstaaten können die Zahl der Dienstleister begrenzen, die zur Erbringung folgender Bodenabfertigungsdienste befugt sind:

  • Gepäckabfertigung,
  • Vorfelddienste,
  • Betankungsdienste,
  • Fracht- und Postabfertigung, soweit dies die konkrete Beförderung von Fracht und Post zwischen Flughafen und Flugzeug bei der Ankunft, beim Abflug oder beim Transit betrifft.

Sie dürfen die Zahl dieser Dienstleister indessen nicht auf weniger als zwei je Bodenabfertigungsdienst begrenzen.”

Rz. 5

Art. 9 („Ausnahmen”) der Richtlinie 96/67 sieht in Abs. 1 vor:

„Wenn auf einem Flughafen besondere Platz- oder Kapazitätsgründe, insbesondere in Zusammenhang mit der Verkehrsdichte und dem Grad der Nutzung der Flächen, eine Marktöffnung und/oder die Selbstabfertigung nicht in dem in dieser Richtlinie vorgesehenen Ausmaß zulassen, so kann der betreffende Mitgliedstaat beschließen,

a) die Zahl der Dienstleister … zu begrenzen …”

Rz. 6

Art. 11 („Auswahl der Dienstleister”) der Richtlinie 96/67 bestimmt in Abs. 1:

„Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen zur Durchführung eines Auswahlverfahrens unter den Dienstleistern, die zur Erbringung von Bodenabfertigungsdiensten auf einem Flughafen ...

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