Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Soziale Sicherheit. Rentenansprüche nach dem nationalen Rentensystem für Arbeitnehmer. Weigerung, den Zeitraum des von einem Beamten der Europäischen Union nach seinem Dienstantritt geleisteten Pflichtwehrdienstes zu berücksichtigen. Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit

 

Beteiligte

Rohart

Ronny Rohart

Federale Pensioendienst

 

Tenor

Art. 4 Abs. 3 EUV in Verbindung mit dem Statut der Beamten der Europäischen Union, festgelegt durch die Verordnung (EWG, Euratom, EGKS) Nr. 259/68 des Rates vom 29. Februar 1968 zur Festlegung des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten dieser Gemeinschaften sowie zur Einführung von Sondermaßnahmen, die vorübergehend auf die Beamten der Kommission anwendbar sind, in der durch die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 723/2004 des Rates vom 22. März 2004 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegensteht, nach der einem Erwerbstätigen, der als Arbeitnehmer in diesem Mitgliedstaat beschäftigt gewesen war, bevor er Beamter der Europäischen Union wurde, und seinen Pflichtwehrdienst in diesem Mitgliedstaat geleistet hat, nachdem er Unionsbeamter geworden war, bei der Bestimmung seiner Rentenansprüche die Gleichstellung des Wehrdienstzeitraums mit einem Zeitraum tatsächlicher Erwerbstätigkeit als Arbeitnehmer verweigert wird, auf die er Anspruch hätte, wenn er zu dem Zeitpunkt, zu dem er zum Wehrdienst eingezogen wurde, oder mindestens ein Jahr lang während der auf die Beendigung der Wehrdienstverpflichtung folgenden drei Jahre eine Beschäftigung ausgeübt hätte, die unter das nationale Versorgungssystem fällt.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Arbeidsrechtbank Gent (Arbeitsgericht Gent, Belgien) mit Entscheidung vom 22. Februar 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 7. März 2018, in dem Verfahren

Ronny Rohart

gegen

Federale Pensioendienst

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zehnte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. Lycourgos sowie der Richter E. Juhász und I. Jarukaitis (Berichterstatter),

Generalanwalt: G. Pitruzzella,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der belgischen Regierung, vertreten durch J.-C. Halleux, C. Van Lul und C. Pochet als Bevollmächtigte im Beistand von C. Vandenberghe, advocaat,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch B. Mongin und S. Noë als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 4 Abs. 3 EUV in Verbindung mit dem Statut der Beamten der Europäischen Union, festgelegt durch die Verordnung (EWG, Euratom, EGKS) Nr. 259/68 des Rates vom 29. Februar 1968 zur Festlegung des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten dieser Gemeinschaften sowie zur Einführung von Sondermaßnahmen, die vorübergehend auf die Beamten der Kommission anwendbar sind (ABl. 1968, L 56, S. 1), in der durch die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 723/2004 des Rates vom 22. März 2004 (ABl. 2004, L 124, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Statut).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Ronny Rohart und dem Federale Pensioendienst (Föderaler Pensionsdienst, Belgien) wegen dessen Weigerung, den Zeitraum des von dem Betroffenen geleisteten Pflichtwehrdienstes bei der Berechnung seiner Altersrente für Arbeitnehmer zu berücksichtigen.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Art. 42 des Statuts bestimmt:

„Ein Beamter, der zur Ableistung des gesetzlich vorgeschriebenen Grundwehrdienstes herangezogen wird, an Wehrübungen teilzunehmen hat oder zu einem anderen Wehrdienst einberufen wird, erhält die besondere dienstrechtliche Stellung ‚Beurlaubung zum Wehrdienst’.

Dem zur Ableistung des gesetzlich vorgeschriebenen Grundwehrdienstes herangezogenen Beamten werden keine Dienstbezüge gewährt; die Vorschriften über das Aufsteigen in den Dienstaltersstufen und die Beförderung finden jedoch weiterhin auf ihn Anwendung. Auch die Vorschriften über das Ruhegehalt gelten für ihn weiter, wenn er nach Beendigung der Wehrdienstverpflichtung nachträglich seine Versorgungsbeiträge entrichtet.

…”

Rz. 4

Art. 13 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 (ABl. 1997, L 28, S. 1) geänderten und aktualisierten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1408/71), die zum Zeitpunkt des Renteneintritts von Herrn Rohart in Kraft war, besti...

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