Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Beamter der Europäischen Union im Ruhestand, der vor seinem Dienstantritt in dem Mitgliedstaat seiner dienstlichen Verwendung eine unselbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt hat. Rentenanspruch nach dem nationalen Rentensystem für Arbeitnehmer. Laufbahneinheit. Weigerung, die Altersrente für Arbeitnehmer zu zahlen. Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit

 

Beteiligte

Wojciechowski

Aliny Wojciechowski

Office national des pensions (ONP)

 

Tenor

Art. 4 Abs. 3 EUV in Verbindung mit dem Statut der Beamten der Europäischen Union, das durch die Verordnung (EWG, Euratom, EGKS) Nr. 259/68 des Rates vom 29. Februar 1968 zur Festlegung des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten dieser Gemeinschaften sowie zur Einführung von Sondermaßnahmen, die vorübergehend auf die Beamten der Kommission anwendbar sind, in der durch die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1080/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 geänderten Fassung festgelegt wurde, ist dahin auszulegen, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren fraglichen, die zu einer Kürzung oder Verweigerung der Altersrente, die einem diesem Mitgliedstaat angehörigen Arbeitnehmer nach den im Einklang mit den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats erbrachten Leistungen zustehen würde, führen kann, wenn die Summe der Laufbahnjahre, die der Arbeitnehmer in diesem Mitgliedstaat als unselbständig Erwerbstätiger und in demselben Mitgliedstaat als Unionsbeamter zurückgelegt hat, die in dieser Regelung vorgesehene Laufbahneinheit von 45 Jahren überschreitet, entgegensteht, soweit eine solche Kürzung aufgrund der Methode zur Berechnung des Bruchs, der den Umfang des von der Union erhaltenen Ruhegehalts ausdrückt, höher ist als diejenige, die angewandt worden wäre, wenn die gesamte Laufbahn des Arbeitnehmers als unselbständig Erwerbstätiger in dem fraglichen Mitgliedstaat zurückgelegt worden wäre.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunal du travail de Bruxelles (Belgien) mit Entscheidung vom 19. August 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 28. August 2014, in dem Verfahren

Aliny Wojciechowski

gegen

Office national des pensions (ONP)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, des Richters A. Ó Caoimh, der Richterin C. Toader sowie der Richter E. Jarašiūnas (Berichterstatter) und C. G. Fernlund,

Generalanwalt: P. Mengozzi,

Kanzler: V. Tourrès, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 7. Mai 2015,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Frau Wojciechowski, vertreten durch V. Vannes und S. Rodrigues, avocats,
  • der belgischen Regierung, vertreten durch J.-C. Halleux und C. Pochet als Bevollmächtigte im Beistand von M. Leclercq, avocat,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch D. Martin als Bevollmächtigten,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 11. Juni 2015

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung des Grundsatzes der loyalen Zusammenarbeit und von Art. 34 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Wojciechowski und dem Office national des pensions (ONP) wegen dessen Weigerung, ihr eine Altersrente für Arbeitnehmer zu gewähren.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Anhang VIII („Versorgungsordnung”) des Statuts der Beamten der Europäischen Union, das mit der Verordnung (EWG, Euratom, EGKS) Nr. 259/68 des Rates vom 29. Februar 1968 zur Festlegung des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten dieser Gemeinschaften sowie zur Einführung von Sondermaßnahmen, die vorübergehend auf die Beamten der Kommission anwendbar sind (ABl. L 56, S. 1), in der zuletzt durch die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1080/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 (ABl. L 311, S. 1, und Berichtigung ABl. 2012, L 144, S. 48) geänderten Fassung festgelegt wurde (im Folgenden: Statut), bestimmt in Art. 11 Abs. 2:

„Ein Beamter, der in den Dienst der Union tritt

- nach dem Ausüben einer unselbständigen oder selbständigen Tätigkeit,

kann in der Zeit zwischen seiner Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit und dem Zeitpunkt, zu dem er den Anspruch auf ein Ruhegehalt im Sinne des Artikels 77 des Statuts erwirbt, den Kapitalwert der Ruhegehaltsansprüche, die er aufgrund der genannten Tätigkeit erworben hat, an die Union zahlen lassen; zugrunde gelegt wird hierbei der zum Zeitpunkt der tatsächlichen Übertragung bestehende Kapitalwert.

…”

Belgisches Recht

Rz. 4

Der Königliche Erlass Nr. 50 vom 24. Oktober 1967 über die Ruhestands- und Hinterbliebenenpension für Lohnempfänger (Moniteur belge vom 27. Oktober 1967, S. 11246) ...

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