Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertung der Einkünfte aus Immobilien, Unterschiedliche Bemessungsgrundlagen für In- und Auslandsimmobilien

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das Königreich Belgien hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Art. 63 AEUV und Art. 40 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 verstoßen, dass es Rechtsvorschriften aufrechterhalten hat, nach denen bei der Bewertung von Einkünften aus nicht vermieteten Immobilien oder aus Immobilien, die an natürliche Personen vermietet werden, die diese zu nicht beruflichen Zwecken nutzen, oder an juristische Personen, die diese natürlichen Personen zu privaten Zwecken überlassen, die Bemessungsgrundlage im Fall von Inlandsimmobilien nach dem Katasterwert und im Fall von Auslandsimmobilien nach dem tatsächlichen Mietwert berechnet wird.

2. Das Königreich Belgien trägt die Kosten.

 

Normenkette

AEUV Art. 63; EWR-Abkommen Art. 40

 

Beteiligte

Kommission / Belgien

EU-Kommission

Königreich Belgien

 

Tatbestand

„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats ‐ Freier Kapitalverkehr ‐ Art. 63 AEUV ‐ Art. 40 des EWR-Abkommens ‐ Einkommensteuer belgischer Gebietsansässiger ‐ Bestimmung der Einkünfte aus Immobilien ‐ Anwendung zweier unterschiedlicher Berechnungsmethoden, je nach dem Belegenheitsort der Immobilie ‐ Vom Katasterwert ausgehende Berechnung für die Immobilien in Belgien ‐ Berechnung auf der Grundlage des tatsächlichen Mietwerts für die Immobilien in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) ‐ Unterschiedliche Behandlung ‐ Beschränkung des freien Kapitalverkehrs“

In der Rechtssache C-110/17

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 258 AEUV, eingereicht am 3. März 2017,

Europäische Kommission, vertreten durch W. Roels und N. Gossement als Bevollmächtigte,

Klägerin,

gegen

Königreich Belgien, vertreten durch P. Cottin, M. Jacobs und L. Cornelis als Bevollmächtigte,

Beklagter,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. G. Fernlund sowie der Richter J.-C. Bonichot (Berichterstatter) und A. Arabadjiev,

Generalanwältin: E. Sharpston,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Rz. 1

Mit ihrer Klage beantragt die Europäische Kommission, festzustellen, dass das Königreich Belgien dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Art. 63 AEUV und Art. 40 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 (ABl. 1994, L 1, S. 3, im Folgenden: EWR-Abkommen) verstoßen hat, dass es Rechtsvorschriften aufrechterhalten hat, nach denen bei der Bewertung von Einkünften aus nicht vermieteten Immobilien oder aus Immobilien, die an natürliche Personen vermietet werden, die diese zu nicht beruflichen Zwecken nutzen, oder an juristische Personen, die diese natürlichen Personen zu privaten Zwecken überlassen, die Bemessungsgrundlage im Fall von Inlandsimmobilien nach dem Katasterwert und im Fall von Auslandsimmobilien nach dem tatsächlichen Mietwert berechnet wird.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 2

Art. 40 des EWR-Abkommens lautet:

„Im Rahmen dieses Abkommens unterliegt der Kapitalverkehr in Bezug auf Berechtigte, die in den [Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft (EG)] oder den [Staaten der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA)] ansässig sind, keinen Beschränkungen und keiner Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit oder des Wohnortes der Parteien oder des Anlageortes. Die Durchführungsbestimmungen zu diesem Artikel sind in Anhang XII enthalten.“

Belgisches Recht

Rz. 3

Art. 7 des Wetboek van de inkomstenbelastingen 1992 (Einkommensteuergesetzbuch 1992, im Folgenden: EStGB 92) sieht vor:

„§ 1 Einkünfte aus unbeweglichen Gütern sind:

1. für nicht vermietete unbewegliche Güter:

a) für in Belgien gelegene Güter:

‐ das Katastereinkommen, wenn es sich um unbebaute unbewegliche Güter, Material und Ausrüstung, die ihrem Wesen oder ihrer Bestimmung nach unbeweglich sind, oder die in Artikel 12 § 3 erwähnte Wohnung handelt,

‐ das um 40 Prozent erhöhte Katastereinkommen, wenn es sich um andere Güter handelt,

b) für im Ausland gelegene Güter: der Mietwert,

2. für vermietete unbewegliche Güter:

a) für in Belgien gelegene Güter, die an eine natürliche Person vermietet sind, die sie weder ganz noch teilweise zur Ausübung ihrer Berufstätigkeit nutzt:

‐ das Katastereinkommen, wenn es sich um unbebaute unbewegliche Güter oder Material und Ausrüstung, die ihrem Wesen oder ihrer Bestimmung nach unbeweglich sind, handelt,

‐ das um 40 Prozent erhöhte Katastereinkommen, wenn es sich um andere Güter handelt,

bbis) das um 40 Prozent erhöhte Katastereinkommen, wenn es sich um bebaute unbewegliche Güter handelt, die an eine juristische Person vermietet sind, die keine Gesellschaft ist, damit sie:

‐ einer natürlichen Person, die sie ausschließlich zu Wohnzwecken nutzt, …

zur Verfügung gestellt werden,

d) der Gesamtbetrag des Mietpr...

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