Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Verbraucherschutz. Im Fernabsatz geschlossener Verbraucherdarlehensvertrag. Widerrufsrecht. Ausübung des Widerrufsrechts, nachdem der Vertrag auf ausdrücklichen Wunsch des Verbrauchers bereits voll erfüllt wurde. Übermittlung der Informationen über das Widerrufsrecht an den Verbraucher

 

Normenkette

Richtlinie 2002/65/EG

 

Beteiligte

Romano

Antonio Romano

Lidia Romano

DSL Bank – eine Niederlassung der DB Privat- und Firmenkundenbank AG

 

Tenor

1. Art. 6 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der Richtlinien 97/7/EG und 98/27/EG ist in Verbindung mit deren Art. 1 Abs. 1 und im Licht des 13. Erwägungsgrundes dieser Richtlinie dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung in ihrer Auslegung durch die nationale Rechtsprechung entgegensteht, die bei einem im Fernabsatz zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher geschlossenen Vertrag über eine Finanzdienstleistung nicht das Widerrufsrecht dieses Verbrauchers für den Fall ausschließt, dass dieser Vertrag auf seinen ausdrücklichen Wunsch von beiden Seiten bereits voll erfüllt ist, bevor er sein Widerrufsrecht ausübt. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, das gesamte innerstaatliche Recht zu berücksichtigen und die darin anerkannten Auslegungsmethoden anzuwenden, um zu einer mit dieser Vorschrift im Einklang stehenden Lösung zu gelangen. Dabei hat es erforderlichenfalls eine gefestigte nationale Rechtsprechung abzuändern, wenn sie auf einer Auslegung des nationalen Rechts beruht, die mit dieser Vorschrift unvereinbar ist.

2. Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2002/65 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a und Art. 6 Abs. 2 Buchst. c dieser Richtlinie ist dahin auszulegen, dass die Pflicht eines Unternehmers, der im Fernabsatz mit einem Verbraucher einen Vertrag über eine Finanzdienstleistung schließt, die Information über das Bestehen eines Widerrufsrechts in einer für einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher im Sinne der unionsrechtlichen Anforderungen klaren und verständlichen Weise zu erteilen, bevor der Verbraucher durch einen Fernabsatzvertrag oder durch ein Angebot gebunden ist, nicht verletzt ist, wenn der Unternehmer dem Verbraucher mitteilt, dass das Widerrufsrecht bei einem Vertrag, der auf ausdrücklichen Wunsch des Verbrauchers von beiden Seiten bereits voll erfüllt ist, bevor der Verbraucher sein Widerrufsrecht ausübt, ausgeschlossen ist, selbst wenn diese Information nicht dem nationalen Recht in seiner Auslegung durch die nationale Rechtsprechung entspricht, wonach in einem solchen Fall das Widerrufsrecht besteht.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Landgericht Bonn (Deutschland) mit Entscheidung vom 9. Februar 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 23. Februar 2018, in dem Verfahren

Antonio Romano,

Lidia Romano

gegen

DSL Bank – eine Niederlassung der DB Privat- und Firmenkundenbank AG, vormals DSL Bank – ein Geschäftsbereich der Deutsche Postbank AG

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot, der Richterin C. Toader sowie der Richter A. Rosas, L. Bay Larsen und M. Safjan (Berichterstatter),

Generalanwalt: G. Pitruzzella,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der DSL Bank – eine Niederlassung der DB Privat- und Firmenkundenbank AG, vertreten durch Rechtsanwalt A. Menkel,
  • der deutschen Regierung, zunächst vertreten durch T. Henze, M. Hellmann, E. Lankenau und A. Berg, dann durch M. Hellmann, E. Lankenau und A. Berg als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch F. Erlbacher und C. Valero als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 28. März 2019

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 4 Abs. 2, Art. 5 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 2 zweiter Gedankenstrich, Abs. 2 Buchst. c und Abs. 6 sowie Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der Richtlinien 97/7/EG und 98/27/EG (ABl. 2002, L 271, S. 16).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Antonio Romano und Frau Lidia Romano auf der einen Seite und der DSL Bank – eine Niederlassung der DB Privat- und Firmenkundenbank AG, vormals DSL Bank – ein Geschäftsbereich der Deutsche Postbank AG (im Folgenden: DSL Bank), auf der anderen Seite über das von Herrn und Frau Romano ausgeübte Widerrufsrecht in Bezug auf einen zwischen diesen Parteien des Ausgangsverfahrens geschlossenen Darlehensvertrag.

Rechtlicher Rahmen

Unio...

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