Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlagefragen in einem Rechtsstreit wegen des Ausschlusses der teilzeitbeschäftigten Beamten von der Inanspruchnahme von Altersteilzeit. Gleichbehandlung von Männern und Frauen. Mittelbare Diskriminierung im Rahmen einer Regelung über Altersteilzeitarbeit. Voraussetzungen für die Gewährung von Altersteilzeit im Blockmodell. Begriff der Arbeitsbedingungen im Sinne des Artikels 5 Absatz 1 der Richtlinie 76/207

 

Normenkette

EGVtr Art. 141

 

Beteiligte

Steinicke

Erika Steinicke

Bundesanstalt für Arbeit

 

Verfahrensgang

VG Sigmaringen

 

Tenor

Die Artikel 2 Absatz 1 und 5 Absatz 1 der Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen sind dahin auszulegen, dass sie einer Vorschrift wie § 72b Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Bundesbeamtengesetzes in der bis zum 30. Juni 2000 gültigen Fassung vom 31. März 1999, nach der Altersteilzeit nur einem Beamten, der in den letzten fünf Jahren vor Beginn der Teilzeitbeschäftigung insgesamt mindestens drei Jahre vollzeitbeschäftigt war, bewilligt werden kann, entgegenstehen, wenn wesentlich mehr Frauen als Männer teilzeitbeschäftigt und daher von der Bewilligung von Altersteilzeit nach dieser Vorschrift ausgeschlossen sind, es sei denn, diese Vorschrift ist durch objektive Kriterien gerechtfertigt, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben.

 

Gründe

1.

Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hat mit Beschluss vom 28. Februar 2002, beim Gerichtshof eingegangen am 7. März 2002, gemäß Artikel 234 EG eine Frage nach der Auslegung von Artikel 141 EG sowie der Richtlinien 75/117/EWG des Rates vom 10. Februar 1975 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen (ABl. L 45, S. 19), 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen (ABl. L 39, S. 40) und 97/81/EG des Rates vom 15. Dezember 1997 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit (ABl. 1998, L 14, S. 9, berichtigt ABl. 1998, L 128, S. 71) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2.

Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen Frau Steinicke und der Bundesanstalt für Arbeit wegen des Ausschlusses von Frau Steinicke von der Möglichkeit, Altersteilzeit in Anspruch zu nehmen.

Gemeinschaftsrecht

3.

Artikel 141 EG lautet:

(1)

Jeder Mitgliedstaat stellt die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit sicher.

(2)

Unter .Entgelt im Sinne dieses Artikels sind die üblichen Grund- oder Mindestlöhne und -gehälter sowie alle sonstigen Vergütungen zu verstehen, die der Arbeitgeber aufgrund des Dienstverhältnisses dem Arbeitnehmer unmittelbar oder mittelbar in bar oder in Sachleistungen zahlt.

Richtlinie 75/117

4.

Nach Artikel 1 der Richtlinie 75/117 bedeutet der Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher Arbeit oder bei einer Arbeit, die als gleichwertig anerkannt wird, die Beseitigung jeder Diskriminierung aufgrund des Geschlechts in Bezug auf sämtliche Entgeltsbestandteile und -bedingungen.

5.

Artikel 3 der Richtlinie 75/117 sieht vor, dass die Mitgliedstaaten alle mit dem Grundsatz des gleichen Entgelts unvereinbaren Diskriminierungen zwischen Männern und Frauen, die sich aus ihren Rechts- oder Verwaltungsvorschriften ergeben, beseitigen.

Richtlinie 76/207

6.

Die Richtlinie 76/207 hat nach ihrem Artikel 1 Absatz 1 zum Ziel, dass in den Mitgliedstaaten der Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, einschließlich des Aufstiegs, und des Zugangs zur Berufsbildung sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen und in Bezug auf die soziale Sicherheit unter den in Artikel 1 Absatz 2 vorgesehenen Bedingungen verwirklicht wird.

7.

Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie 76/207 bestimmt:

Der Grundsatz der Gleichbehandlung im Sinne der nachstehenden Bestimmungen beinhaltet, dass keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts – insbesondere unter Bezugnahme auf den Ehe- oder Familienstand – erfolgen darf.

8.

Artikel 5 der Richtlinie 76/207 lautet:

(1)

Die Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung hinsichtlich der Arbeitsbedingungen einschließlich der Entlassungsbedingungen beinhaltet, dass Männern und Frauen dieselben Bedingungen ohne Diskriminierung auf Grund des Geschlechts gewährt werden.

(2)

Zu diesem Zweck treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen,

  1. dass die mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz unvereinbaren Rechts- und Verwaltungsvorschriften beseitigt werden;
  2. dass die mit dem Grundsatz der G...

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