Studie zu Arbeitszeiten während Corona

Kurzarbeit, Homeoffice sowie die heimische Betreuung von Klein- und Schulkindern: Die Coronapandemie fordert Flexibilität von Beschäftigen und führt zu Verschiebungen der Arbeitszeiten. Wie die Pandemie die Arbeitszeiten im Geschlechtervergleich beeinflusst hat, zeigt ein aktueller Report der Universität Duisburg-Essen.

In ihrem Report "Arbeitszeiten während der Coronapandemie: Wachsende Unterschiede zwischen Frauen und Männern" analysieren die Autorinnen Dr. Angelika Kümmerling und Vanessa Schmieja vom Institut für Arbeit und Qualifikation (IAQ) unter anderem die aktuellen Zahlen von Eurostat zur Entwicklung von Arbeitszeiten während der Pandemie. Ihr Fokus lag auf einem Geschlechtervergleich im Zeitfenster von 2010 bis 2020. 

Vollzeitbeschäftigung: Stärkere Reduktion von Arbeitszeiten bei Frauen

Insgesamt sank die Arbeitszeit der Vollzeitbeschäftigten seit 2010 sowohl bei Männern als auch bei Frauen. Zwischen 2019 und 2020, also während der Coronapandemie, betrug die Arbeitszeitreduktion etwas weniger als eine halbe Stunde. Im Vergleich dazu: Während der Dekade von 2010 bis 2020 reduzierte sich die Arbeitszeit sonst von Jahr zu Jahr nie mehr als um 0,1 Stunden. Selbst die Arbeitszeitreduktion während der Wirtschaftskrise 2008/2009 war geringer als die während der Pandemie.

Was im Besonderen auffällt, ist die Geschlechterspezifik: Die Verringerung der Arbeitszeit unter Vollbeschäftigten ist bei Frauen (-0,4 Stunden) doppelt so hoch wie bei Männern (-0,2 Stunden). Die Arbeitszeitlücke zwischen den Geschlechtern, die Gender Time Gap, scheint also pandemiebedingt wieder zu wachsen. 

Teilzeitbeschäftigung: Hoher Anstieg der Arbeitszeit bei Männern in der Pandemie

Ein umgekehrtes Bild zeigt sich bei der Teilzeitbeschäftigung. Dass die Arbeitszeiten teilzeitbeschäftigter Frauen ansteigen, ist ein schon länger zu verzeichnender Trend. Ein neues Bild zeigt sich aber seit Pandemiebeginn bei den Männern. Während bei Frauen in Teilzeitbeschäftigung die Arbeitszeit von 2019 bis 2020 um 0,8 Stunden stieg, sind es bei den Männern 1,7 Stunden. Vollzeit-Reduktionen, Erhöhung geringer Arbeitszeiten in Pflege und Logistik oder der Wegfall von Minijobs könnten hier Gründe sein. Insofern lohnt sich ein differenzierter Blick auf die Branchen.

Arbeitszeitentwicklung abhängig von Branche und Geschlechterspezifik

Den stärksten Rückgang der Arbeitszeiten verzeichnen die Branchen "Grundstück und Wohnungswesen" sowie "Handel und Instandhaltung". Den größten Anstieg weisen die Branchen "Sonstige Dienstleistungen" und der Kommunikationssektor auf, dessen Arbeitsvolumen insgesamt stieg. Auch im branchenbasierten Geschlechtervergleich fällt auf, dass sich die Arbeitszeit von Frauen in Vollzeit meist am stärksten reduziert hat. Am deutlichsten tritt der Gap in der Branche Wasserversorgung auf (Männer: + 0,6 Stunden; Frauen: -1,4 Stunden). Ein Unterschied von 0,5 Stunden findet sich auch im Bereich "Sonstige wirtschaftliche Dienstleistungen" und "Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen". Umgekehrt ist die Arbeitszeit im Kunst- und Unterhaltungssektor bei Männern stärker gesunken.

Im Teilzeitbereich stieg in fast allen Branchen die Arbeitszeit, bei Männern stärker als bei Frauen. Das trifft im Besonderen für das Verarbeitende Gewerbe, den Öffentlichen Dienst und die freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen zu. Einen höheren Arbeitszeitanstieg erleben Frauen dagegen im Gastgewerbe und im Informations- und Kommunikationssektor.

Veränderte Tagesarbeitszeiten vor allem bei Frauen

Mehr als die Hälfte der Frauen (53,3 Prozent) und mehr als ein Drittel der Männer (37,8 Prozent) erlebten wegen ihrer Betreuungsverpflichtungen während der Pandemie eine Verschiebung ihrer gewöhnlichen Arbeitszeiten. Bei der Vergleichsgruppe ohne Betreuungsverpflichtungen traf die Veränderung jede fünfte Frau und 17 Prozent der Männer. Das geht aus den Daten des Linked Personnel Panels des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor.


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Schlagworte zum Thema:  Arbeitszeit, Gleichstellung, Coronavirus