Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Luftverkehr. Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste bei Annullierung von Flügen. Befreiung von der Ausgleichspflicht. Über einen Online-Reisevermittler geschlossener Beförderungsvertrag. Luftfahrtunternehmen, das den Reisevermittler rechtzeitig über eine Flugplanänderung informiert hat. Reisevermittler, der einem Fluggast die betreffende Information per E-Mail zehn Tage vor Abflug übermittelt hat

 

Normenkette

Verordnung (EG) Nr. 261/2004 Art. 5 Abs. 1 Buchst. c

 

Beteiligte

Krijgsman

Bas Jacob Adriaan Krijgsman

Surinaamse Luchtvaart Maatschappij NV

 

Tenor

Art. 5 Abs. 1 Buchst. c und Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 sind dahin auszulegen, dass das ausführende Luftfahrtunternehmen den in diesen Bestimmungen vorgesehenen Ausgleich im Fall einer Flugannullierung, über die der Fluggast nicht mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet worden ist, auch dann zu zahlen hat, wenn das Luftfahrtunternehmen den Reisevermittler, über den der Beförderungsvertrag mit dem betroffenen Fluggast geschlossen wurde, mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit über die Annullierung unterrichtet hat und der Fluggast vom Reisevermittler nicht innerhalb dieser Frist informiert worden ist.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Rechtbank Noord-Nederland (Bezirksgericht Nordniederlande) mit Entscheidung vom 18. Mai 2016, beim Gerichtshof eingegangen am 27. Mai 2016, in dem Verfahren

Bas Jacob Adriaan Krijgsman

gegen

Surinaamse Luchtvaart Maatschappij NV

erlässt

DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Vilaras sowie der Richter J. Malenovský und D. Šváby (Berichterstatter),

Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Surinaamse Luchtvaart Maatschappij NV, vertreten durch A. J. F. Gonesh, advocaat,
  • der französischen Regierung, vertreten durch D. Colas, E. de Moustier und M.-L. Kitamura als Bevollmächtigte,
  • der österreichischen Regierung, vertreten durch G. Eberhard als Bevollmächtigten,
  • der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch N. Yerrell und F. Wilman als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 5 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 (ABl. 2004, L 46, S. 1).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Bas Jacob Adriaan Krijgsman und der Surinaamse Luchtvaart Maatschappij NV (im Folgenden: SLM), einem Luftfahrtunternehmen, wegen der Weigerung von SLM, Herrn Krijgsman einen Ausgleich für die Annullierung seines Fluges zu gewähren.

Unionsrecht

Verordnung Nr. 261/2004

Rz. 3

Die Erwägungsgründe 1, 7 und 12 der Verordnung Nr. 261/2004 lauten:

„(1) Die Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich des Luftverkehrs sollten unter anderem darauf abzielen, ein hohes Schutzniveau für Fluggäste sicherzustellen. Ferner sollte den Erfordernissen des Verbraucherschutzes im Allgemeinen in vollem Umfang Rechnung getragen werden.

(7) Damit diese Verordnung wirksam angewandt wird, sollten die durch sie geschaffenen Verpflichtungen dem ausführenden Luftfahrtunternehmen obliegen, das einen Flug durchführt oder durchzuführen beabsichtigt, und zwar unabhängig davon, ob der Flug mit einem eigenen Luftfahrzeug oder mit einem mit oder ohne Besatzung gemieteten Luftfahrzeug oder in sonstiger Form durchgeführt wird.

(12) Das Ärgernis und die Unannehmlichkeiten, die den Fluggästen durch die Annullierung von Flügen entstehen, sollten ebenfalls verringert werden. Dies sollte dadurch erreicht werden, dass die Luftfahrtunternehmen veranlasst werden, die Fluggäste vor der planmäßigen Abflugzeit über Annullierungen zu unterrichten und ihnen darüber hinaus eine zumutbare anderweitige Beförderung anzubieten, so dass die Fluggäste umdisponieren können. Andernfalls sollten die Luftfahrtunternehmen den Fluggästen einen Ausgleich leisten und auch eine angemessene Betreuung anbieten, es sei denn, die Annullierung geht auf außergewöhnliche Umstände zurück, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutb...

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