Entscheidungsstichwort (Thema)

Humanarzneimittel. Geltungsbereich. Auslegung des Begriffs ‚Arzneimittel’. Bedeutung des Kriteriums der Eignung, die physiologischen Funktionen zu beeinflussen. Erzeugnisse auf der Grundlage von Kräutern und Cannabinoiden. Ausschluss

 

Normenkette

Richtlinie 2001/83/EG

 

Beteiligte

D

G

Markus D

 

Tenor

Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel in der durch die Richtlinie 2004/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass davon Stoffe wie die in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht erfasst werden, deren Wirkungen sich auf eine schlichte Beeinflussung der physiologischen Funktionen beschränken, ohne dass sie geeignet wären, der menschlichen Gesundheit unmittelbar oder mittelbar zuträglich zu sein, die nur konsumiert werden, um einen Rauschzustand hervorzurufen, und die dabei gesundheitsschädlich sind.

 

Tatbestand

In den verbundenen Rechtssachen

betreffend Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesgerichtshof (Deutschland) mit Entscheidungen vom 28. Mai 2013 und 8. April 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 27. Juni 2013 und 14. April 2014, in den Strafverfahren gegen

Markus D. (C-358/13)

und

G. (C-181/14)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen, der Richter M. Safjan und J. Malenovský (Berichterstatter) sowie der Richterinnen A. Prechal und K. Jürimäe,

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,

aufgrund des Beschlusses des Präsidenten des Gerichtshofs G. (C-181/14, EU:C:2014:740), das Vorabentscheidungsersuchen in der Rechtssache C-181/14 dem beschleunigten Verfahren gemäß Art. 23a der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Art. 105 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs zu unterwerfen,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 14. Mai 2014,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Herrn D., vertreten durch Rechtsanwalt B. Engel,
  • des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof, vertreten durch H. Range, S. Ritzert und S. Heine als Bevollmächtigte,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und B. Beutler als Bevollmächtigte,
  • der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek, S. Šindelková und D. Hadroušek als Bevollmächtigte,
  • der estnischen Regierung, vertreten durch K. Kraavi-Käerdi und N. Grünberg als Bevollmächtigte,
  • der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von M. Russo, avvocato dello Stato,
  • der ungarischen Regierung, vertreten durch M. Fehér als Bevollmächtigten,
  • der finnischen Regierung, vertreten durch S. Hartikainen als Bevollmächtigten,
  • der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch S. Brighouse und S. Lee als Bevollmächtigte,
  • der norwegischen Regierung, vertreten durch B. Gabrielsen und K. Winther als Bevollmächtigte im Beistand von M. Schei, advokat,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch B.-R. Killmann, M. Šimerdová und A. Sipos als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 12. Juni 2014

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung des Begriffs „Arzneimittel” im Sinne von Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 311, S. 67) in der durch die Richtlinie 2004/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 (ABl. L 136, S. 34) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 2001/83).

Rz. 2

Sie ergehen im Rahmen von Strafverfahren gegen Herrn D. und Herrn G., denen zur Last gelegt wird, Kräutermischungen verkauft zu haben, die u. a. synthetische Cannabinoide enthielten, die zu der für die Sachverhalte der Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeit nicht unter das deutsche Betäubungsmittelgesetz fielen.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Richtlinie 2001/83

Rz. 3

Der siebte Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/83 lautet:

„Die Begriffe Schädlichkeit und therapeutische Wirksamkeit können nur in ihrer wechselseitigen Beziehung geprüft werden und haben nur eine relative Bedeutung, die nach Maßgabe des Standes der Wissenschaft und unter Berücksichtigung der Zweckbestimmung des Arzneimittels beurteilt wird. Aus den Angaben und Unterlagen, die dem Antrag auf Genehmigung für das Inverkehrbringen beizufügen sind, muss hervorgehen, dass die Wirksamkeit höher zu bewerten ist als die potenziellen Risiken.”

Rz. 4

Nach Art. 1 Nr. 2 dieser Richtlinie bedeutet in deren Sinne

„Arzneimittel:

  1. alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten bestimmt sind, oder
  2. alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die im oder am menschlichen Körper verwendet oder einem Menschen verabreicht werd...

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