Entscheidungsstichwort (Thema)

Richtlinie 2005/29/EG. Unlautere Geschäftspraktiken. Nationale Regelung, mit der Geschäftspraktiken, wonach das Angebot von Zugaben an Verbraucher vom Erwerb einer Ware oder der Inanspruchnahme einer Dienstleistung abhängig gemacht wird, grundsätzlich verboten werden

 

Beteiligte

Mediaprint Zeitungs- und Zeitschriftenverlag

Mediaprint Zeitungs- und Zeitschriftenverlag GmbH & Co. KG

„Österreich”-Zeitungsverlag GmbH

 

Tenor

1. Die Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) ist dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, die ein allgemeines Zugabenverbot vorsieht und nicht nur auf den Schutz der Verbraucher abzielt, sondern auch andere Ziele verfolgt.

2. Die mit dem Kauf einer Zeitung verbundene Möglichkeit der Teilnahme an einem Gewinnspiel ist nicht allein deshalb eine unlautere Geschäftspraktik im Sinne von Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2005/29, weil diese Teilnahmemöglichkeit zumindest für einen Teil der angesprochenen Verbraucher das ausschlaggebende Motiv für den Kauf dieser Zeitung bildet.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Obersten Gerichtshof (Österreich) mit Entscheidung vom 18. November 2008, beim Gerichtshof eingegangen am 4. Dezember 2008, in dem Verfahren

Mediaprint Zeitungs- und Zeitschriftenverlag GmbH & Co. KG

gegen

„Österreich”-Zeitungsverlag GmbH

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten A. Tizzano (Berichterstatter), J. N. Cunha Rodrigues, K. Lenaerts, J.-C. Bonichot und A. Arabadjiev, der Richter E. Juhász, G. Arestis und A. Borg Barthet, der Richterin P. Lindh sowie des Richters T. von Danwitz,

Generalanwältin: V. Trstenjak,

Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 19. Januar 2010,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Mediaprint Zeitungs- und Zeitschriftenverlag GmbH & Co. KG, vertreten durch Rechtsanwälte S. Korn und G. Korn,
  • der „Österreich”-Zeitungsverlag GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt P. Zöchbauer und W. Zekert, Geschäftsführer,
  • der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Pesendorfer und A. Posch als Bevollmächtigte,
  • der belgischen Regierung, vertreten durch T. Materne als Bevollmächtigten,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch M. Lumma, J. Möller und S. Unzeitig als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch F. Erlbacher und W. Wils als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 24. März 2010

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 3 Abs. 1 sowie 5 Abs. 2 und 5 der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) (ABl. L 149, S. 22, im Folgenden: Richtlinie).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Mediaprint Zeitungs- und Zeitschriftenverlag GmbH & Co. KG (im Folgenden: Mediaprint) und der „Österreich”-Zeitungsverlag GmbH, beide Presseunternehmen, über die Zulässigkeit eines von der Beklagten des Ausgangsverfahrens durchgeführten Verkaufs mit Zugaben.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

In den Erwägungsgründen 6, 8, 9 und 17 der Richtlinie heißt es:

„(6) Die vorliegende Richtlinie gleicht … die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über unlautere Geschäftspraktiken einschließlich der unlauteren Werbung an, die die wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher unmittelbar und dadurch die wirtschaftlichen Interessen rechtmäßig handelnder Mitbewerber mittelbar schädigen. Im Einklang mit dem Verhältnismäßigkeitsprinzip schützt diese Richtlinie die Verbraucher vor den Auswirkungen solcher unlauteren Geschäftspraktiken, soweit sie als wesentlich anzusehen sind, berücksichtigt jedoch, dass die Auswirkungen für den Verbraucher in manchen Fällen unerheblich sein können. Sie erfasst und berührt nicht die nationalen Rechtsvorschriften in Bezug auf unlautere Geschäftspraktiken, die lediglich die wirtschaftlichen Interessen von Mitbewerbern schädigen oder sich auf ein Rechtsgeschäft zwischen Gewerbetreibenden beziehen; die Mitgliedstaaten können solche Praktiken, falls ...

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