Entscheidungsstichwort (Thema)

Richtlinie 96/9/EG. Rechtlicher Schutz von Datenbanken. Schutzrecht sui generis. Begriff ‚Entnahme’. des Inhalts einer Datenbank

 

Beteiligte

Directmedia Publishing

Directmedia Publishing GmbH

Albert-Ludwigs-Universität Freiburg

 

Tenor

Die Übernahme von Elementen aus einer geschützten Datenbank in eine andere Datenbank aufgrund einer Bildschirmabfrage der ersten Datenbank und einer im Einzelnen vorgenommenen Abwägung der darin enthaltenen Elemente kann eine „Entnahme” im Sinne des Art. 7 der Richtlinie 96/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 1996 über den rechtlichen Schutz von Datenbanken sein, soweit es sich bei dieser Operation um die Übertragung eines in qualitativer oder quantitativer Hinsicht wesentlichen Teils des Inhalts der geschützten Datenbank oder um die Übertragung unwesentlicher Teile handelt, die durch ihren wiederholten und systematischen Charakter möglicherweise dazu geführt hat, dass ein wesentlicher Teil dieses Inhalts wiedererstellt wird; die Prüfung, ob dies der Fall ist, ist Sache des vorlegenden Gerichts.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Bundesgerichtshof (Deutschland) mit Entscheidung vom 24. Mai 2007, beim Gerichtshof eingegangen am 2. Juli 2007, in dem Verfahren

Directmedia Publishing GmbH

gegen

Albert-Ludwigs-Universität Freiburg

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts (Berichterstatter), des Richters T. von Danwitz, der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter E. Juhász und G. Arestis,

Generalanwältin: E. Sharpston,

Kanzler: R. Grass,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Directmedia Publishing GmbH, vertreten durch Rechtsanwältin C. von Gierke,
  • der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, vertreten durch die Rechtsanwälte W. Schmid und H.-G. Riegger,
  • der italienischen Regierung, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten im Beistand von F. Arenal, avvocato dello Stato,
  • der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch H. Krämer und W. Wils als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 10. Juli 2008

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung des Art. 7 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 96/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 1996 über den rechtlichen Schutz von Datenbanken (ABl. L 77, S. 20).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Directmedia Publishing GmbH (im Folgenden: Directmedia) und der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg infolge der Vermarktung einer Gedichtsammlung, die anhand einer von Herrn Knoop, Professor an dieser Universität, erarbeiteten Liste von Gedichttiteln erstellt worden war, durch Directmedia.

Rechtlicher Rahmen

Rz. 3

Die Richtlinie 96/9 bezweckt nach ihrem Art. 1 Abs. 1 „den Rechtsschutz von Datenbanken in jeglicher Form”.

Rz. 4

Die Datenbank ist für die Zwecke der Richtlinie 96/9 in ihrem Art. 1 Abs. 2 definiert als „eine Sammlung von Werken, Daten oder anderen unabhängigen Elementen, die systematisch oder methodisch angeordnet und einzeln mit elektronischen Mitteln oder auf andere Weise zugänglich sind”.

Rz. 5

Nach Art. 3 der Richtlinie 96/9 werden „Datenbanken, die aufgrund der Auswahl oder Anordnung des Stoffes eine eigene geistige Schöpfung ihres Urhebers darstellen”, urheberrechtlich geschützt.

Rz. 6

Art. 7 der Richtlinie 96/9, der die Überschrift „Gegenstand des Schutzes” trägt, führt ein Schutzrecht sui generis ein und lautet:

„(1) Die Mitgliedstaaten sehen für den Hersteller einer Datenbank, bei der für die Beschaffung, die Überprüfung oder die Darstellung ihres Inhalts eine in qualitativer oder quantitativer Hinsicht wesentliche Investition erforderlich ist, das Recht vor, die Entnahme und/oder die Weiterverwendung der Gesamtheit oder eines in qualitativer oder quantitativer Hinsicht wesentlichen Teils des Inhalts dieser Datenbank zu untersagen.

(2) Für die Zwecke dieses Kapitels gelten folgende Begriffsbestimmungen:

  1. ‚Entnahme’ bedeutet die ständige oder vorübergehende Übertragung der Gesamtheit oder eines wesentlichen Teils des Inhalts einer Datenbank auf einen anderen Datenträger, ungeachtet der dafür verwendeten Mittel und der Form der Entnahme;
  2. ‚Weiterverwendung’ bedeutet jede Form öffentlicher Verfügbarmachung der Gesamtheit oder eines wesentlichen Teils des Inhalts der Datenbank durch die Verbreitung von Vervielfältigungsstücken, durch Vermietung, durch Online-Übermittlung oder durch andere Formen der Übermittlung. Mit dem Erstverkauf eines Vervielfältigungsstücks einer Datenbank in der Gemeinschaft durch den Rechtsinhaber oder mit seiner Zustimmung erschöpft sich in der Gemeinschaft das Recht, den Weiterverkauf dieses Vervielfältigungsstücks zu kontrollieren.

Der öffentliche Verleih ist keine Entnahme oder Weiterverwendung.

(3) Das in Absatz 1 genannte Recht kann übertragen od...

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