Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit. Verbot jeglicher Diskriminierung aufgrund des Geschlechts. Mittelbare Diskriminierung. Teilzeitbeschäftigung. Berechnung der Altersrente

 

Normenkette

Richtlinie 79/7/EWG Art. 4

 

Beteiligte

Villar Láiz

Violeta Villar Láiz

Instituto Nacional de la Seguridad Social (INSS)

Tesorería General de la Seguridad Social (TGSS)

 

Tenor

Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 79/7/EWG des Rates vom 19. Dezember 1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit ist dahin auszulegen, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, wonach die Höhe der beitragsbezogenen Altersrente eines Teilzeitbeschäftigten berechnet wird, indem eine Berechnungsgrundlage, die anhand der tatsächlich bezogenen Gehälter und der tatsächlich geleisteten Beiträge ermittelt wird, mit einem Prozentsatz multipliziert wird, der von der Dauer des Beitragszeitraums abhängt, wobei auf diesen Zeitraum ein Teilzeitkoeffizient, der dem Verhältnis zwischen der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit in Teilzeit und der von einem vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten geleisteten Arbeitszeit entspricht, angewendet und dieser Zeitraum durch die Anwendung eines Koeffizienten von 1,5 erhöht wird, soweit diese Regelung weibliche Arbeitnehmer im Vergleich zu männlichen Arbeitnehmern besonders benachteiligt.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunal Superior de Justicia de Castilla y León (Obergericht von Kastilien und León, Spanien) mit Entscheidung vom 17. Januar 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 27. Februar 2018, in dem Verfahren

Violeta Villar Láiz

gegen

Instituto Nacional de la Seguridad Social (INSS),

Tesorería General de la Seguridad Social (TGSS)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin A. Prechal (Berichterstatterin), der Richter F. Biltgen, J. Malenovský und C. G. Fernlund sowie der Richterin L. S. Rossi,

Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,

Kanzler: L. Carrasco Marco, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 10. Januar 2019,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Frau Villar Láiz, vertreten durch R. M. Gil López, abogada,
  • des Instituto Nacional de la Seguridad Social (INSS) und der Tesorería General de la Seguridad Social (TGSS), vertreten durch A. Alvarez Moreno und G. Guadaño Segovia, letradas,
  • der spanischen Regierung, vertreten durch L. Aguilera Ruiz und V. Ester Casas als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch S. Pardo Quintillán und C. Valero als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) und Art. 4 der Richtlinie 79/7/EWG des Rates vom 19. Dezember 1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit (ABl. 1979, L 6, S. 24).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Violeta Villar Láiz auf der einen und dem Instituto Nacional de la Seguridad Social (INSS) (Staatliche Sozialversicherungsanstalt [INSS], Spanien) sowie der Tesorería General de la Seguridad Social (TGSS) (Allgemeine Finanzverwaltungsbehörde der Sozialversicherung [TGSS], Spanien) auf der anderen Seite über die Berechnung ihrer Altersrente.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Richtlinie 79/7

Rz. 3

Art. 1 der Richtlinie 79/7 bestimmt:

„Diese Richtlinie hat zum Ziel, dass auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit und der sonstigen Bestandteile der sozialen Sicherung im Sinne von Artikel 3 der Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit – im Folgenden ‚Grundsatz der Gleichbehandlung’ genannt – schrittweise verwirklicht wird.”

Rz. 4

In Art. 3 Abs. 1 dieser Richtlinie heißt es:

„Diese Richtlinie findet Anwendung

a) auf die gesetzlichen Systeme, die Schutz gegen folgende Risiken bieten:

– Alter,

…”

Rz. 5

Art. 4 Abs. 1 dieser Richtlinie sieht vor:

„Der Grundsatz der Gleichbehandlung beinhaltet den Fortfall jeglicher unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, insbesondere unter Bezugnahme auf den Ehe- oder Familienstand, und zwar im Besonderen betreffend:

  • den Anwendungsbereich der Systeme und die Bedingungen für den Zugang zu den Systemen,
  • die Beitragspflicht und die Berechnung der Beiträge,
  • die Berechnung der Leistungen, einschließlich der Zuschläge für den Ehegatten und für unterhaltsberechtigte Personen, sowie die Bedingungen betreffend die Geltungsdauer und die Aufrechterhaltung des Anspruchs auf die Leistungen.”

Richtlinie 2006/54/EG

Rz. 6

Der...

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