Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Übergang von Unternehmen. Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer. Dienstleistungsauftrag für den Betrieb einer städtischen Musikschule. Einstellung der Tätigkeit des ersten Auftragnehmers vor dem Ende des laufenden Schuljahrs und Beauftragung eines neuen Auftragnehmers mit Beginn des darauffolgenden Schuljahrs. Verbot der Kündigung wegen Übergangs. Ausnahme. Kündigungen aus wirtschaftlichen, technischen oder organisatorischen Gründen, die Änderungen im Bereich der Beschäftigung mit sich bringen

 

Normenkette

Richtlinie 2001/23/EG Art. 1 Abs. 1, Art. 4 Abs. 1; Charta der Grundrechte der Europäischen Union Art. 47

 

Beteiligte

Colino Sigüenza

Jorge Luís Colino Sigüenza

Fondo de Garantía Salarial (Fogasa)

Ayuntamiento de Valladolid

In-Pulso Musical SC

Miguel del Real Llorente, Administrador Concursal de Músicos y Escuela SL

Músicos y Escuela SL

 

Tenor

1. Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen ist dahin auszulegen, dass ein Fall wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehende, in dem der Auftragnehmer eines Dienstleistungsauftrags für den Betrieb einer städtischen Musikschule, dem die Stadtverwaltung sämtliche für die Ausübung dieser Tätigkeit notwendigen Betriebsmittel zur Verfügung gestellt hat, diese Tätigkeit zwei Monate vor dem Ende des laufenden Schuljahrs einstellt, die Belegschaft entlässt und die Betriebsmittel an die Stadtverwaltung zurückgibt, die erst für das darauffolgende Schuljahr einen neuen Auftrag vergibt und dem neuen Auftragnehmer dieselben Betriebsmittel überlässt, in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen kann.

2. Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/23 ist dahin auszulegen, dass unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens, in dem der Auftragnehmer eines Dienstleistungsauftrags für den Betrieb einer städtischen Musikschule diese Tätigkeit zwei Monate vor dem Ende des laufenden Schuljahrs einstellt und die Belegschaft entlässt und der neue Auftragnehmer die Tätigkeit mit Beginn des darauffolgenden Schuljahrs wieder aufnimmt, die Kündigung der Arbeitnehmer „aus wirtschaftlichen, technischen oder organisatorischen Gründen, die Änderungen im Bereich der Beschäftigung mit sich bringen”, im Sinne dieser Bestimmung erfolgt zu sein scheint, sofern nicht die Umstände, die zur Kündigung der gesamten Belegschaft geführt haben, und die verzögerte Bestellung eines neuen Dienstleisters eine gezielte Maßnahme darstellen, um den betroffenen Arbeitnehmern die ihnen nach dieser Richtlinie zustehenden Rechte zu entziehen, was vom vorlegenden Gericht zu prüfen ist.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunal Superior de Justicia de Castilla y León (Obergericht von Kastilien und León, Spanien) mit Entscheidung vom 12. Mai 2016, beim Gerichtshof eingegangen am 24. August 2016, in dem Verfahren

Jorge Luís Colino Sigüenza

gegen

Ayuntamiento de Valladolid,

In-Pulso Musical SC,

Miguel del Real Llorente, Administrador Concursal de Músicos y Escuela SL,

Músicos y Escuela SL,

Fondo de Garantía Salarial (Fogasa)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. L. da Cruz Vilaça, der Richter E. Levits und A. Borg Barthet (Berichterstatter), der Richterin M. Berger und des Richters F. Biltgen,

Generalanwalt: E. Tanchev,

Kanzler: L. Carrasco Marco, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 27. September 2017,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Herrn Colino Sigüenza, vertreten durch J. M. Blanco Martín, abogado,
  • der In-Pulso Musical SC, vertreten durch J. Lozano Blanco, abogado,
  • der spanischen Regierung, vertreten durch A. Gavela Llopis als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch J. Rius und M. Kellerbauer als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 6. Dezember 2017

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen (ABl. 2001, L 82, S. 16) sowie von Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Jorge Luís Colino Sigüenza auf der einen Seite und dem Ayuntamiento de Valladolid (Stadtverwaltung von Valladolid, Spanien), der In-Pulso Musical SC, Herrn Miguel del Real Llorente, Administrador Concursal de Músicos y Escuela SL (in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter von Músicos y Escuela), Músicos y Escuela und dem Fondo de ...

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