Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorabentscheidungsersuchen. Im nationalen Recht fehlende Anerkennung des Anspruchs auf gerichtlichen Rechtsschutz gegen Entscheidungen über die Festsetzung einer Geldbuße für bestimmte Zuwiderhandlungen gegen Verkehrsvorschriften und den Abzug von Führerscheinpunkten. Rein interner Sachverhalt. Unzulässigkeit des Antrags

 

Beteiligte

Vinkov

Anton Vinkov

Nachalnik Administrativno-nakazatelna deynost

 

Tenor

Das vom Administrativen sad Sofia-grad (Bulgarien) mit Entscheidung vom 27. Dezember 2010 eingereichte Vorabentscheidungsersuchen (Rechtssache C-27/11) ist unzulässig.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Administrativen sad Sofia-grad (Bulgarien) mit Entscheidung vom 27. Dezember 2010, beim Gerichtshof eingegangen am 17. Januar 2011, in dem Verfahren

Anton Vinkov

gegen

Nachalnik Administrativno-nakazatelna deynost

erlässt

DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin A. Prechal, der Richterin C. Toader (Berichterstatterin) und des Richters E. Jarašiūnas,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der niederländischen Regierung, vertreten durch C. Wissels und B. Koopman als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch R. Troosters und V. Savov als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung des Art. 2 des am 22. November 1984 in Straßburg unterzeichneten Protokolls Nr. 7 zur Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: Protokoll Nr. 7), der Art. 47 und 48 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) sowie der Art. 67 AEUV, 82 AEUV und 91 Abs. 1 Buchst. c AEUV, des Übereinkommens aufgrund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über den Entzug der Fahrerlaubnis, dessen Annahme durch die Mitgliedstaaten durch Rechtsakt des Rates vom 17. Juni 1998 empfohlen worden ist (ABl. C 216, S. 2, im Folgenden: Übereinkommen über den Entzug der Fahrerlaubnis), des Übereinkommens über die Zusammenarbeit in Verfahren wegen Zuwiderhandlungen gegen Verkehrsvorschriften und bei der Vollstreckung von dafür verhängten Geldbußen und Geldstrafen, das am 28. April 1999 durch den nach dem Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen eingerichteten Exekutivausschuss angenommen wurde (ABl. 2000, L 239, S. 428, im Folgenden: Übereinkommen über die Zusammenarbeit), und des Rahmenbeschlusses 2005/214/JI des Rates vom 24. Februar 2005 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen (ABl. L 76, S. 16, im Folgenden: Rahmenbeschluss).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Vinkov, einem bulgarischen Staatsangehörigen, und dem Nachalnik Administrativno-nakazatelna deynost wegen einer Entscheidung der bulgarischen Verkehrspolizei, mit der Herrn Vinkov eine Geldbuße in Höhe von 20 BGN auferlegt und mehrere Führerscheinpunkte abgezogen wurden.

Rechtlicher Rahmen

Protokoll Nr. 7

Rz. 3

Das Protokoll Nr. 7 sieht in Art. 2, „Rechtsmittel in Strafsachen”, vor:

„(1) Wer von einem Gericht wegen einer Straftat verurteilt worden ist, hat das Recht, das Urteil von einem übergeordneten Gericht nachprüfen zu lassen. Die Ausübung dieses Rechts und die Gründe, aus denen es ausgeübt werden kann, richten sich nach dem Gesetz.

(2) Ausnahmen von diesem Recht sind für Straftaten geringfügiger Art, wie sie durch Gesetz näher bestimmt sind, … möglich …”

Unionsrecht

Das Übereinkommen über den Entzug der Fahrerlaubnis

Rz. 4

Art. 2 des Übereinkommens über den Entzug der Fahrerlaubnis sieht vor:

„Die Mitgliedstaaten verpflichten sich zur Zusammenarbeit nach Maßgabe dieses Übereinkommens, um zu erreichen, dass Personen, gegen die in einem anderen Mitgliedstaat als in dem, in dem sie ihren ordentlichen Wohnsitz haben, eine Entscheidung über den Entzug der Fahrerlaubnis ergangen ist, sich mit dem Verlassen des Staates der Zuwiderhandlung nicht der Wirkung dieser Entscheidung entziehen können.”

Rz. 5

Art. 3 Abs. 1 dieses Übereinkommens lautet:

„Der Staat der Zuwiderhandlung teilt dem Wohnsitzstaat unverzüglich jede Entscheidung über den Entzug der Fahrerlaubnis mit, die wegen einer Zuwiderhandlung aufgrund eines im Anhang aufgeführten Verhaltens erlassen worden ist.”

Rz. 6

Gemäß Art. 8 Abs. 1 dieses Übereinkommens sind dieser Mitteilung eine Reihe von Informationen beizufügen, u. a. über die Bestimmungen, die in dem Mitgliedstaat gelten, in dem die Zuwiderhandlung stattgefunden hat, und auf deren Grundlage die Zuwiderhandlung festgestellt wurde, sowie darüber, inwieweit der verhängte Entzug bereits vollstreckt wurde.

Rz. 7

Art. 8 Abs. 3 lautet:

„Stellt sich heraus, dass die [dem Wohnsitzstaat vom Staat d...

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