Entscheidungsstichwort (Thema)

Richtlinie 2000/78/EG. Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf. Ungleichbehandlung wegen des Alters. Charta der Grundrechte der Europäischen Union. Allgemeine Grundsätze des Unionsrechts. Kollektivvertrag. Fehlende Berücksichtigung der bei einer anderen Luftlinie desselben Konzerns erworbenen Berufserfahrung für die Zwecke der Einstufung von Flugbegleitern einer Luftlinie in das Gehaltsschema. Vertragsklausel

 

Beteiligte

Tyrolean Airways Tiroler Luftfahrt Gesellschaft

Tyrolean Airways Tiroler Luftfahrt Gesellschaft mbH

Betriebsrat Bord der Tyrolean Airways Tiroler Luftfahrt Gesellschaft mbH

 

Tenor

Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf ist dahin auszulegen, dass er einer Bestimmung eines Kollektivvertrags nicht entgegensteht, nach der bei der Einstufung in die kollektivvertraglichen Verwendungsgruppen und damit für die Höhe des Entgelts nur die als Flugbegleiter bei einer bestimmten Luftlinie erworbene Berufserfahrung berücksichtigt wird, nicht aber die inhaltlich identische Erfahrung, die bei einer anderen konzerninternen Luftlinie erworben wurde.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Oberlandesgericht Innsbruck (Österreich) mit Entscheidung vom 9. März 2011, beim Gerichtshof eingegangen am 18. März 2011, in dem Verfahren

Tyrolean Airways Tiroler Luftfahrt Gesellschaft mbH

gegen

Betriebsrat Bord der Tyrolean Airways Tiroler Luftfahrt Gesellschaft mbH

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. N. Cunha Rodrigues sowie der Richter U. Lõhmus, A. Ó Caoimh, A. Arabadjiev (Berichterstatter) und C. G. Fernlund,

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Tyrolean Airways Tiroler Luftfahrt Gesellschaft mbH, vertreten durch Rechtsanwalt A. Grundei,
  • der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Pesendorfer als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch V. Kreuschitz und J. Enegren als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung des Art. 21 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) und der Art. 1, 2 und 6 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. L 303, S. 16).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Tyrolean Airways Tiroler Luftfahrt Gesellschaft mbH (im Folgenden: Tyrolean Airways) und dem Betriebsrat Bord der Tyrolean Airways Tiroler Luftfahrt Gesellschaft mbH (im Folgenden: Betriebsrat) über die Auslegung des für das Bordpersonal von Tyrolean Airways geltenden Kollektivvertrags in seiner im Ausgangsverfahren maßgeblichen Fassung (im Folgenden: Kollektivvertrag von Tyrolean Airways) und insbesondere über die Frage der Berücksichtigung von Vordienstzeiten bei den anderen beiden Tochtergesellschaften des Austrian Airlines Konzerns (im Folgenden: Konzern), nämlich der Austrian Airlines AG (im Folgenden: Austrian Airlines) und der Lauda Air Luftfahrt Gesellschaft mbH (im Folgenden: Lauda Air).

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

In den Art. 1 und 2 der Richtlinie 2000/78 heißt es:

„Artikel 1

Zweck

Zweck dieser Richtlinie ist die Schaffung eines allgemeinen Rahmens zur Bekämpfung der Diskriminierung wegen der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung in Beschäftigung und Beruf im Hinblick auf die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung in den Mitgliedstaaten.

Artikel 2

Der Begriff ‚Diskriminierung’

(1) Im Sinne dieser Richtlinie bedeutet ‚Gleichbehandlungsgrundsatz’, dass es keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung wegen eines der in Artikel 1 genannten Gründe geben darf.

(2) Im Sinne des Absatzes 1

b) liegt eine mittelbare Diskriminierung vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen mit einer bestimmten Religion oder Weltanschauung, einer bestimmten Behinderung, eines bestimmten Alters oder mit einer bestimmten sexuellen Ausrichtung gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn:

i) diese Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt, und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich, …

…”

Rz. 4

Art. 3 („Geltungsbereich”) der Richtlinie 2000/78 bestimmt in Abs. 1:

„Im Rahmen der auf die Gemeinschaft übertragenen Zuständigkeiten gilt diese Richtlinie für alle Personen in öffentlichen und privaten Bereichen, einschließlich öffentlicher...

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