Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit. Wandererwerbstätige. Übergangsbestimmungen. Erwerbstätiger, der in verschiedenen Mitgliedstaaten eine abhängige Beschäftigung und eine selbständige Tätigkeit ausübt. Ausnahmen vom Grundsatz der Anwendung nur eines nationalen Rechts. Doppelte Zugehörigkeit. Einreichung eines Antrags, den gemäß der Verordnung Nr. 883/2004 anzuwendenden Rechtsvorschriften unterstellt zu werden

 

Normenkette

EGV Nr. 883/2004 Art. 87 Abs. 8; EWGV Nr. 1408/71 Art. 14c Buchst. b; Verordnung Nr. 883/2004

 

Beteiligte

V

V

Institut national d'assurances sociales pour travailleurs indépendants (Inasti)

Securex Integrity ASBL

 

Tenor

Art. 87 Abs. 8 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit in der durch die Verordnung (EG) Nr. 988/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass eine Person, die zum Geltungsbeginn der Verordnung Nr. 883/2004 eine abhängige Beschäftigung in einem Mitgliedstaat und eine selbständige Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat ausübte und damit gleichzeitig den im Bereich der sozialen Sicherheit anwendbaren Rechtsvorschriften dieser beiden Mitgliedstaaten unterlag, keinen ausdrücklichen Antrag stellen musste, um den nach der Verordnung Nr. 883/2004 in der durch die Verordnung Nr. 988/2009 geänderten Fassung anwendbaren Rechtsvorschriften unterworfen zu werden.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Cour du travail de Liège (Arbeitsgerichtshof Lüttich, Belgien) mit Entscheidung vom 21. Dezember 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 18. Januar 2018, in dem Verfahren

V

gegen

Institut national d'assurances sociales pour travailleurs indépendants (Inasti),

Securex Integrity ASBL

erlässt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin C. Toader sowie der Richter A. Rosas (Berichterstatter) und L. Bay Larsen,

Generalanwalt: G. Pitruzzella,

Kanzler: V. Giacobbo-Peyronnel, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 5. Dezember 2018,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der belgischen Regierung, vertreten durch M. Jacobs und L. Van den Broeck als Bevollmächtigte im Beistand von S. Rodrigues, avocat,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch D. Martin und M. Van Hoof als Bevollmächtigte,
  • von Herrn V, der sich selbst vertritt,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 26. Februar 2019

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 87 Abs. 8 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. 2004, L 166, S. 1, berichtigt im ABl. 2004, L 200, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 988/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 (ABl. 2009, L 284, S. 43) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 883/2004).

Rz. 2

Es ergeht in einem Rechtsstreit zwischen Herrn V auf der einen und dem Institut national d'assurances sociales pour travailleurs indépendants (Landesinstitut der Sozialversicherungen für Selbständige, Belgien, im Folgenden: Inasti) sowie der Securex Integrity ASBL (im Folgenden: Securex) auf der anderen Seite über die Frage, ob Herr V den Vorschriften des belgischen Sozialrechts unterstellt ist.

Rechtlicher Rahmen

Verordnung Nr. 1408/71

Rz. 3

Die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in ihrer durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 (ABl. 1997, L 28, S. 1) geänderten und aktualisierten und zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 592/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 (ABl. 2008, L 177, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1408/71) bestimmte in dem zu ihrem Titel II gehörenden Art. 14c Buchst. b:

„Eine Person, die im Gebiet verschiedener Mitgliedstaaten gleichzeitig eine abhängige Beschäftigung und eine selbständige Tätigkeit ausübt, unterliegt:

b) in den in Anhang VII aufgeführten Fällen

  • den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dessen Gebiet sie eine abhängige Beschäftigung ausübt, wobei diese Rechtsvorschriften nach Artikel 14 Nummer 2 oder Nummer 3 bestimmt werden, falls sie eine solche Beschäftigung im Gebiet von zwei oder mehr Mitgliedstaaten ausübt, und
  • den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dessen Gebiet sie eine selbständige Tätigkeit ausübt, wobei diese Rechtsvorschriften nach Artikel 14a Nummern 2, 3 oder 4 bestimmt werden, falls sie eine solche Tätigkeit im Gebiet von zwei oder mehr Mitgliedstaaten ausübt.”

Rz. 4

In An...

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