Entscheidungsstichwort (Thema)

Soziale Sicherheit der Wandererwerbstätigen. Vollarbeitsloser atypischer Grenzgänger, der seine persönlichen und beruflichen Bindungen im Mitgliedstaat der letzten Beschäftigung beibehalten hat. Anspruch auf eine Leistung im Wohnmitgliedstaat. Zahlungsverweigerung durch den Mitgliedstaat der letzten Beschäftigung. Zulässigkeit. Erheblichkeit des Urteils des Gerichtshofs vom 12. Juni 1986, Miethe (1/85). Übergangsbestimmungen. Begriff des unverändert gebliebenen Sachverhalts

 

Normenkette

AEUV Art. 45; Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 Art. 71; Verordnung (EG) Nr. 883/2004 Art. 65; Verordnung (EG) Nr. 883/2004Art. 87 Abs. 8

 

Beteiligte

Jeltes u.a

F. P. Jeltes

M. A. Peeters

J. G. J. Arnold

Raad van Bestuur van het Uitvoeringsinstituut Werknemersverzekeringen

 

Tenor

1. Infolge des Inkrafttretens der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit in der durch die Verordnung (EG) Nr. 988/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 geänderten Fassung sind die Bestimmungen des Art. 65 dieser Verordnung nicht im Licht des Urteils des Gerichtshofs vom 12. Juni 1986, Miethe (1/85), auszulegen. In Bezug auf einen vollarbeitslosen Arbeitnehmer, der zum Mitgliedstaat seiner letzten Beschäftigung persönliche und berufliche Bindungen solcher Art beibehalten hat, dass er in diesem Staat die besten Aussichten auf berufliche Wiedereingliederung hat, ist Art. 65 dahin zu verstehen, dass er einem solchen Arbeitnehmer die Möglichkeit bietet, sich zusätzlich der Arbeitsverwaltung des betreffenden Staates zur Verfügung zu stellen, aber nicht, um dort Arbeitslosenunterstützung zu erhalten, sondern nur, um dort Wiedereingliederungsleistungen in Anspruch zu nehmen.

2. Die Vorschriften über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer, insbesondere die Bestimmungen von Art. 45 AEUV, sind dahin auszulegen, dass sie den Mitgliedstaat der letzten Beschäftigung nicht daran hindern, im Einklang mit seinem nationalen Recht einem vollarbeitslosen Grenzgänger, der in diesem Mitgliedstaat die besten Aussichten auf berufliche Wiedereingliederung hat, eine Arbeitslosenunterstützung zu versagen, weil er nicht im Inland wohnt, sofern nach den Bestimmungen des Art. 65 der Verordnung Nr. 883/2004 in der durch die Verordnung Nr. 988/2009 geänderten Fassung die Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats zur Anwendung kommen.

3. Die Bestimmungen des Art. 87 Abs. 8 der Verordnung Nr. 883/2004 in der durch die Verordnung Nr. 988/2009 geänderten Fassung sind auf vollarbeitslose Grenzgänger anzuwenden, die wegen der im Mitgliedstaat ihrer letzten Beschäftigung beibehaltenen Bindungen gemäß Art. 71 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 geänderten und aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 592/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008, von diesem Mitgliedstaat auf der Grundlage seiner Rechtsvorschriften Arbeitslosenunterstützung erhalten.

Der Begriff des unverändert gebliebenen Sachverhalts im Sinne von Art. 87 Abs. 8 der Verordnung Nr. 883/2004 in der durch die Verordnung Nr. 988/2009 geänderten Fassung ist anhand der nationalen Rechtsvorschriften auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit zu beurteilen. Es ist Sache des nationalen Gerichts, zu prüfen, ob Arbeitnehmer wie Frau Peeters und Herr Arnold die in diesen Rechtsvorschriften vorgesehenen Voraussetzungen für ein Wiederaufleben der Zahlung von Arbeitslosenunterstützung erfüllen, die ihnen gemäß Art. 71 der Verordnung Nr. 1408/71 in der durch die Verordnung Nr. 118/97 geänderten und aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung Nr. 592/2008, auf der Grundlage dieser Rechtsvorschriften gewährt worden war.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Rechtbank Amsterdam (Niederlande) mit Entscheidung vom 25. August 2011, beim Gerichtshof eingegangen am 29. August 2011, in dem Verfahren

F. P. Jeltes,

M. A. Peeters,

J. G. J. Arnold

gegen

Raad van bestuur van het Uitvoeringsinstituut werknemersverzekeringen

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, der Richter E. Jarašiūnas und A. Ó Caoimh, der Richterin C. Toader und des Richters C. G. Fernlund (Berichterstatter),

Generalanwalt: P. Mengozzi,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 24. Oktober 2012,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Herrn Jeltes, vertreten durch P. Van der Wulp,
  • von Frau Peeters, vertreten durch S. van der Beek-Verdoorn,
  • des Raad van bestuur van het Uitvoeringsinstituut werknemersverzekeringen, vertreten durch I. Eijkh...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge