Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Elektronische Kommunikation. Zugang zum offenen Internet. Rechte der Endnutzer. Verbot von Vereinbarungen oder einer Geschäftspraxis, die die Ausübung der Rechte der Endnutzer einschränken. Pflicht, den Verkehr gleich und ohne Diskriminierung zu behandeln. Möglichkeit, angemessene Verkehrsmanagementmaßnahmen anzuwenden. Zusätzliche Tarifoption zum sogenannten ‚Nulltarif’. Einschränkung des Tethering

 

Normenkette

Verordnung (EU) 2015/2120 Art. 3, 3 Abs. 1-3

 

Beteiligte

Vodafone

Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände – Verbraucherzentrale Bundesverband e. V

Vodafone GmbH

 

Tenor

Art. 3 der Verordnung (EU) 2015/2120 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Maßnahmen zum Zugang zum offenen Internet und zur Änderung der Richtlinie 2002/22/EG über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten sowie der Verordnung (EU) Nr. 531/2012 über das Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen in der Union ist dahin auszulegen, dass eine auf der Aktivierung einer Tarifoption zum sogenannten „Nulltarif” beruhende Einschränkung des Tethering mit den Pflichten aus Art. 3 Abs. 3 unvereinbar ist.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Oberlandesgericht Düsseldorf (Deutschland) mit Entscheidung vom 17. Dezember 2019, beim Gerichtshof eingegangen am 7. Januar 2020, in dem Verfahren

Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände – Verbraucherzentrale Bundesverband e. V.

gegen

Vodafone GmbH,

Beteiligte:

Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten N. Wahl (Berichterstatter) sowie der Richter F. Biltgen und J. Passer,

Generalanwalt: E. Tanchev,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • des Bundesverbands der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände – Verbraucherzentrale Bundesverband e. V., vertreten durch Rechtsanwalt T. Rader,
  • der Vodafone GmbH, vertreten durch Rechtsanwältin D. Herrmann,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch J. Möller und D. Klebs als Bevollmächtigte,
  • der niederländischen Regierung, vertreten durch M. K. Bulterman und M. Noort als Bevollmächtigte,
  • der österreichischen Regierung, vertreten durch A. Posch als Bevollmächtigten,
  • der rumänischen Regierung, vertreten durch E. Gane, A. Wellman und L. Liţu als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Braun, T. Scharf und L. Nicolae als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 3 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EU) 2015/2120 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Maßnahmen zum Zugang zum offenen Internet und zur Änderung der Richtlinie 2002/22/EG über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten sowie der Verordnung (EU) Nr. 531/2012 über das Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen in der Union (ABl. 2015, L 310, S. 1).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände – Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. (im Folgenden: Bundesverband) und der Vodafone GmbH wegen der Verwendung bestimmter vorformulierter Klauseln in deren Verträgen.

Rechtlicher Rahmen

Rz. 3

In den Erwägungsgründen 6, 8 und 9 der Verordnung 2015/2120 heißt es:

„(6) Endnutzer sollten das Recht haben, über ihren Internetzugangsdienst ohne Diskriminierung Informationen und Inhalte abzurufen und zu verbreiten und Anwendungen und Dienste zu nutzen und bereitzustellen. …

(8) Bei der Bereitstellung der Internetzugangsdienste sollten Anbieter dieser Dienste den gesamten Datenverkehr ohne Diskriminierung, Beschränkung oder Störung, ungeachtet des Senders, des Empfängers, des Inhalts, der Anwendung, des Dienstes oder des Endgeräts, gleich behandeln. Entsprechend den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts und der ständigen Rechtsprechung sollten vergleichbare Situationen nicht unterschiedlich und unterschiedliche Situationen nicht gleich behandelt werden, es sei denn, eine solche Behandlung ist objektiv gerechtfertigt.

(9) Ziel eines angemessenen Verkehrsmanagements ist es, zu einer effizienten Nutzung der Netzressourcen und zur Optimierung der Gesamtübermittlungsqualität entsprechend den objektiv unterschiedlichen Anforderungen an die technische Qualität der Dienste bei speziellen Verkehrskategorien und somit den übermittelten Inhalten, Anwendungen und Diensten beizutragen. Von den Internetzugangsanbietern angewandte angemessene Verkehrsmanagementmaßnahmen sollten transparent, nichtdiskriminierend und verhältnismäßig sein, und sie sollten nicht auf kommer...

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