Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorläufiger Rechtsschutz. Antrag auf einstweilige Anordnungen. Unabhängigkeit der Izba Dyscyplinarna (Disziplinarkammer) des Sąd Najwyższy (Oberstes Gericht, Polen)

 

Normenkette

EUV Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2; AEUV Art. 279

 

Beteiligte

Kommission/Polen

Europäische Kommission

Republik Polen

 

Tenor

1. Die Republik Polen ist verpflichtet, unverzüglich und bis zur Verkündung des das Verfahren in der Rechtssache C-791/19 beendenden Urteils

  • die Anwendung der Bestimmungen von Art. 3 Nr. 5, Art. 27 und Art. 73 § 1 der Ustawa o Sądzie Najwyższym (Gesetz über das Oberste Gericht) vom 8. Dezember 2017 (Dz. U. 2018, Pos. 5) in geänderter Fassung, auf denen die Zuständigkeit der Izba Dyscyplinarna (Disziplinarkammer) des Sąd Najwyższy (Oberstes Gericht) beruht, sowohl im ersten als auch im zweiten Rechtszug in Disziplinarsachen gegen Richter zu entscheiden, auszusetzen,
  • es zu unterlassen, die bei der Izba Dyscyplinarna (Disziplinarkammer) des Sąd Najwyższy (Oberstes Gericht) anhängigen Verfahren an einen Spruchkörper zu verweisen, der die insbesondere im Urteil vom 19. November 2019, A. K. u. a. (Unabhängigkeit der Disziplinarkammer des Obersten Gerichts) (C-585/18, C-624/18 und C-625/18, EU:C:2019:982) definierten Anforderungen an die Unabhängigkeit nicht erfüllt, und
  • der Kommission spätestens einen Monat nach Zustellung des Beschlusses des Gerichtshofs, mit dem die beantragten einstweiligen Anordnungen erlassen werden, alle Maßnahmen mitzuteilen, die sie getroffen hat, um diesem Beschluss in vollem Umfang nachzukommen.

2. Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend einen Antrag auf einstweilige Anordnungen gemäß Art. 279 AEUV und Art. 160 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs, eingereicht am 23. Januar 2020,

Europäische Kommission, vertreten durch K. Banks, H. Krämer und S. L. Kaleda als Bevollmächtigte,

Antragstellerin,

unterstützt durch

Königreich Belgien, vertreten durch C. Pochet, M. Jacobs und L. Van den Broeck als Bevollmächtigte,

Königreich Dänemark, vertreten durch M. Wolff als Bevollmächtigte,

Königreich der Niederlande, vertreten durch M. K. Bulterman und J. Langer als Bevollmächtigte,

Republik Finnland, vertreten durch M. Pere als Bevollmächtigte,

Königreich Schweden, vertreten durch A. Falk, C. Meyer-Seitz, H. Shev, J. Lundberg und H. Eklinder als Bevollmächtigte,

Streithelfer,

gegen

Republik Polen, vertreten durch B. Majczyna, D. Kupczak, S. Żyrek, A. Dalkowska und A. Gołaszewska als Bevollmächtigte,

Antragsgegnerin,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, der Vizepräsidentin R. Silva de Lapuerta (Berichterstatterin), der Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot, M. Vilaras, E. Regan, S. Rodin und P. G. Xuereb, des Richters E. Juhász, der Richterin C. Toader, der Richter D. Šváby und F. Biltgen, der Richterin K. Jürimäe sowie der Richter C. Lycourgos, N. Piçarra und N. Wahl,

nach Anhörung des Generalanwalts E. Tanchev

folgenden

Beschluss

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Mit ihrem Antrag ersucht die Europäische Kommission den Gerichtshof, im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes

  • anzuordnen, dass die Republik Polen bis zum Erlass des Urteils zur Hauptsache
  • die Anwendung der Bestimmungen von Art. 3 Nr. 5, Art. 27 und Art. 73 § 1 der Ustawa o Sądzie Najwyższym (Gesetz über das Oberste Gericht) vom 8. Dezember 2017 (Dz. U. 2018, Pos. 5) in geänderter Fassung (im Folgenden: Gesetz über das Oberste Gericht), auf denen die Zuständigkeit der Izba Dyscyplinarna (Disziplinarkammer) des Sąd Najwyższy (Oberstes Gericht, Polen) (im Folgenden: Disziplinarkammer) beruht, sowohl im ersten als auch im zweiten Rechtszug in Disziplinarsachen gegen Richter zu entscheiden, aussetzt,
  • es unterlässt, die bei der Disziplinarkammer anhängigen Verfahren an einen Spruchkörper zu verweisen, der die insbesondere im Urteil vom 19. November 2019, A. K. u. a. (Unabhängigkeit der Disziplinarkammer des Obersten Gerichts) (C-585/18, C-624/18 und C-625/18, im Folgenden: Urteil A. K., EU:C:2019:982) definierten Anforderungen an die Unabhängigkeit nicht erfüllt, und
  • der Kommission spätestens einen Monat nach Zustellung des Beschlusses des Gerichtshofs, mit dem die beantragten einstweiligen Anordnungen erlassen werden, alle Maßnahmen mitteilt, die Polen getroffen hat, um diesem Beschluss in vollem Umfang nachzukommen;
  • der Republik Polen die Kosten aufzuerlegen.

Rz. 2

Darüber hinaus weist die Kommission darauf hin, dass sie sich das Recht vorbehalte, einen weiteren Antrag auf Anordnung der Zahlung eines Zwangsgelds zu stellen, falls aus den der Kommission übermittelten Informationen hervorgehen sollte, dass die Republik Polen die auf ihren Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz hin erlassenen einstweiligen Anordnungen nicht beachtet.

Rz. 3

Dieser Antrag ist im Rahmen einer von der Kommission am 25. Oktober 2019 erhobenen Vertragsverletzungsklage nach Art. 258 AEUV (im Folgenden: Vertragsverletzungsklage) gestellt worden, mit der die Feststellung beantragt wird, dass die R...

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