Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Freier Dienstleistungsverkehr. Regelung eines Mitgliedstaats, nach der für die Honorare von Ingenieuren und Architekten Mindestsätze gelten

 

Normenkette

Richtlinie 2006/123/EG; Verfahrensordnung des Gerichtshofs Art. 99

 

Beteiligte

hapeg dresden

hapeg dresden GmbH

Bayerische Straße 6-8 GmbH & Co. KG

 

Tenor

Art. 15 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. g und Abs. 3 der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der es verboten ist, in Verträgen mit Architekten oder Ingenieuren Tarife zu vereinbaren, die die Mindestsätze unterschreiten, die sich nach dieser Regelung für Architekten und Ingenieure ergeben.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Landgericht Dresden (Deutschland) mit Entscheidung vom 8. Februar 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 22. Februar 2018, in dem Verfahren

hapeg dresden GmbH

gegen

Bayerische Straße 6-8 GmbH & Co. KG

erlässt

DER GERICHTSHOF (Neunte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten S. Rodin (Berichterstatter) sowie des Richters D. Šváby und der Richterin K. Jürimäe,

Generalanwalt: M. Szpunar,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der hapeg dresden GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt A. Reihlen,
  • der Bayrische Straße 6-8 GmbH & Co. KG, vertreten durch Rechtsanwalt D. Scholz,
  • der deutschen Regierung, zunächst vertreten durch T. Henze und D. Klebs als Bevollmächtigte, dann durch D. Klebs als Bevollmächtigten,
  • der niederländischen Regierung, vertreten durch M. K. Bulterman und M. J. Langer als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch W. Mölls, L. Malferrari und H. Tserepa-Lacombe als Bevollmächtigte,

aufgrund der nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Entscheidung, gemäß Art. 99 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden,

folgenden

Beschluss

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 15 Abs. 3 Buchst. b und c sowie von Art. 16 Abs. 1 Unterabs. 1, 2 und 3 Buchst. b und c der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. 2006, L 376, S. 36).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der hapeg dresden GmbH und der Bayrische Straße 6-8 GmbH & Co. KG wegen der Zahlung von Honoraren für Planungsleistungen von Ingenieuren.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2006/123 lautet:

„Diese Richtlinie gilt für Dienstleistungen, die von einem in einem Mitgliedstaat niedergelassenen Dienstleistungserbringer angeboten werden.”

Rz. 4

In Art. 15 der Richtlinie heißt es:

„(1) Die Mitgliedstaaten prüfen, ob ihre Rechtsordnungen die in Absatz 2 aufgeführten Anforderungen vorsehen, und stellen sicher, dass diese Anforderungen die Bedingungen des Absatzes 3 erfüllen. Die Mitgliedstaaten ändern ihre Rechts- und Verwaltungsvorschriften, um sie diesen Bedingungen anzupassen.

(2) Die Mitgliedstaaten prüfen, ob ihre Rechtsordnung die Aufnahme oder Ausübung einer Dienstleistungstätigkeit von folgenden nicht diskriminierenden Anforderungen abhängig macht:

g) der Beachtung von festgesetzten Mindest- und/oder Höchstpreisen durch den Dienstleistungserbringer;

(3) Die Mitgliedstaaten prüfen, ob die in Absatz 2 genannten Anforderungen folgende Bedingungen erfüllen:

  1. Nicht-Diskriminierung: [D]ie Anforderungen dürfen weder eine direkte noch eine indirekte Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit oder – bei Gesellschaften – aufgrund des Orts des satzungsmäßigen Sitzes darstellen;
  2. Erforderlichkeit: [D]ie Anforderungen müssen durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein;
  3. Verhältnismäßigkeit: [D]ie Anforderungen müssen zur Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Ziels geeignet sein; sie dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist; diese Anforderungen können nicht durch andere weniger einschneidende Maßnahmen ersetzt werden, die zum selben Ergebnis führen.

…”

Rz. 5

Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2006/123 bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten achten das Recht der Dienstleistungserbringer, Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen ihrer Niederlassung zu erbringen.

Der Mitgliedstaat, in dem die Dienstleistung erbracht wird, gewährleistet die freie Aufnahme und freie Ausübung von Dienstleistungstätigkeiten innerhalb seines Hoheitsgebiets.

Die Mitgliedstaaten dürfen die Aufnahme oder Ausübung einer Dienstleistungstätigkeit in ihrem Hoheitsgebiet nicht von Anforderungen abhängig machen, die gegen folgende Grundsätze verstoßen:

  1. Nicht-Diskriminierung: [D]ie Anforderung darf weder eine direkte noch eine indirekte Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit oder – bei juristischen Personen – aufgrund ...

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