Entscheidungsstichwort (Thema)

Öffentliche Aufträge. Richtlinie 89/665/EWG. Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Aufträge. Personen, denen die Nachprüfungsverfahren zur Verfügung stehen können. Gelegenheitsgesellschaft als Bieter. Recht eines jeden Mitglieds einer Gelegenheitsgesellschaft, als Einzelner Klage zu erheben

 

Beteiligte

Consorzio Elisoccorso San Raffaele

Consorzio Elisoccorso San Raffaele

Elilombarda Srl

Azienda Ospedaliera Ospedale Niguarda Ca' Granda di Milano

 

Tenor

Art. 1 der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge in der durch die Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 geänderten Fassung ist dahin gehend auszulegen, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, nach der eines der Mitglieder einer Gelegenheitsgesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, die sich als solche an einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags beteiligt, aber nicht den Zuschlag erhalten hat, die Vergabeentscheidung allein gerichtlich nachprüfen lassen kann.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Consiglio di Stato (Italien) mit Entscheidung vom 21. Februar 2006, beim Gerichtshof eingegangen am 28. November 2006, in dem Verfahren

Consorzio Elisoccorso San Raffaele

gegen

Elilombarda Srl,

Azienda Ospedaliera Ospedale Niguarda Ca' Granda di Milano

erlässt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Kūris sowie der Richter L. Bay Larsen (Berichterstatter) und J.-C. Bonichot,

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: R. Grass,

gemäß Art. 104 § 3 Abs. 1 der Verfahrensordnung, wonach der Gerichtshof durch mit Gründen versehenen Beschluss entscheiden kann,

nach Anhörung des Generalanwalts

folgenden

Beschluss

 

Entscheidungsgründe

1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1 der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge (ABl. L 395, S. 33) in der durch die Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 (ABl. L 209, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 89/665).

2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Consorzio Elisoccorso San Raffaele (im Folgenden: Consorzio) und der Elilombarda Srl (im Folgenden: Elilombarda), dem führenden Unternehmen einer in Gründung befindlichen Gelegenheitsgesellschaft, wegen eines Verfahrens zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

3 Art. 1 der Richtlinie 89/665 lautet:

„(1) Die Mitgliedstaaten ergreifen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass hinsichtlich der in den Anwendungsbereich der Richtlinien 71/305/EWG, 77/62/EWG und 92/50/EWG … fallenden Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge die Entscheidungen der Vergabebehörden wirksam und vor allem möglichst rasch nach Maßgabe der nachstehenden Artikel, insbesondere von Artikel 2 Absatz 7, auf Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht im Bereich des öffentlichen Auftragswesens oder gegen die einzelstaatlichen Vorschriften, die dieses Recht umsetzen, nachgeprüft werden können.

(3) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass das Nachprüfungsverfahren entsprechend den gegebenenfalls von den Mitgliedstaaten festzulegenden Bedingungen zumindest jedem zur Verfügung steht, der ein Interesse an einem bestimmten öffentlichen Liefer- oder Bauauftrag hat oder hatte und dem durch einen behaupteten Rechtsverstoß ein Schaden entstanden ist bzw. zu entstehen droht. Die Mitgliedstaaten können insbesondere verlangen, dass derjenige, der ein Nachprüfungsverfahren einzuleiten beabsichtigt, den öffentlichen Auftraggeber zuvor von dem behaupteten Rechtsverstoß und von der beabsichtigten Nachprüfung unterrichten muss.”

4 Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie sieht vor:

„Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass für die in Artikel 1 genannten Nachprüfungsverfahren die erforderlichen Befugnisse vorgesehen werden,

b) damit die Aufhebung rechtswidriger Entscheidungen, einschließlich der Streichung diskriminierender technischer, wirtschaftlicher oder finanzieller Spezifikationen in den Ausschreibungsdokumenten, den Verdingungsunterlagen oder in jedem sonstigen sich auf das betreffende Vergabeverfahren beziehenden Dokument vorgenommen oder veranlasst werden kann;

…”

5 Art. 26 Abs. 1 der Richtlinie 92/50 bestimmt:

„Bietergemeinschaften können Angebote einreichen. Von solchen Bietern kann nicht verlangt werden, dass sie zwecks Einreichung des Angebots eine bestimmte Rechtsform annehmen; dies kann jedoch verlangt werden, wenn ihnen der Auftrag erteilt worden ist.”

Nationales Recht

6 Die nationale Regelung über die Vergabe öffentlicher Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge (vgl. Gesetz Nr. 109 vom 11. Februar 1994 [GURI Nr. 41 vom 19. F...

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