Entscheidungsstichwort (Thema)

Gegenseitige Anerkennung der Führerscheine. Verzicht auf den nationalen Führerschein nach Erreichen des Höchstpunktestands wegen mehrerer Verstöße. In einem anderen Mitgliedstaat erteilter Führerschein. Negatives medizinisch-psychologisches Sachverständigengutachten des Wohnsitzmitgliedstaats nach dem Erwerb eines neuen Führerscheins in einem anderen Mitgliedstaat. Entzug der Fahrerlaubnis für das Hoheitsgebiet des ersten Mitgliedstaats. Befugnis des Wohnsitzmitgliedstaats des Inhabers des von einem anderen Mitgliedstaat erteilten Führerscheins, auf diesen Führerschein seine innerstaatlichen Vorschriften über Einschränkung, Aussetzung, Entzug oder Aufhebung der Fahrerlaubnis anzuwenden. Voraussetzungen. Auslegung des Begriffs ‚Verhalten nach dem Erwerb des neuen Führerscheins’

 

Normenkette

EuGH-VerfO Art. 104; Richtlinie 91/439/EWG

 

Beteiligte

Scheffler

Frank Scheffler

Landkreis Wartburgkreis

 

Tenor

Die Art. 1 Abs. 2 und 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 über den Führerschein in der durch die Richtlinie 2006/103/EG des Rates vom 20. November 2006 geänderten Fassung sind in dem Sinne auszulegen, dass sie es einem Mitgliedstaat verwehren, es bei der Ausübung seiner Befugnis nach Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439 zur Anwendung seiner innerstaatlichen Vorschriften über Einschränkung, Aussetzung, Entzug oder Aufhebung der Fahrerlaubnis auf den Inhaber eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins aufgrund eines vom Inhaber dieses Führerscheins vorgelegten Fahreignungsgutachtens abzulehnen, in seinem Hoheitsgebiet die sich aus dem in dem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerschein ergebende Fahrberechtigung anzuerkennen, wenn dieses Gutachten zwar nach dem Zeitpunkt der Ausstellung dieses Führerscheins und auf der Grundlage einer nach diesem Zeitpunkt durchgeführten Untersuchung des Betroffenen erstellt wurde, aber keinen, sei es auch nur partiellen, Bezug zu einem nach der Ausstellung dieses Führerscheins festgestellten Verhalten des Betroffenen hat und sich ausschließlich auf vor diesem Zeitpunkt liegende Umstände bezieht.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Verwaltungsgericht Meiningen (Deutschland) mit Entscheidung vom 12. August 2009, beim Gerichtshof eingegangen am 24. August 2009, in dem Verfahren

Frank Scheffler

gegen

Landkreis Wartburgkreis

erlässt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Arabadjiev, des Richters A. Rosas (Berichterstatter) und der Richterin P. Lindh,

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: A. Calot Escobar,

gemäß Art. 104 § 3 Abs. 1 der Verfahrensordnung, wonach der Gerichtshof durch mit Gründen versehenen Beschluss entscheiden kann,

nach Anhörung des Generalanwalts

folgenden

Beschluss

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 1 Abs. 2 und 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 über den Führerschein (ABl. L 237, S. 1) in der durch die Richtlinie 2006/103/EG des Rates vom 20. November 2006 (ABl. L 363, S. 344) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 91/439).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Scheffler, einem deutschen Staatsangehörigen, der Inhaber einer in Polen ausgestellten Fahrerlaubnis der Klasse B ist, und dem Landkreis Wartburgkreis (im Folgenden: Landkreis) wegen dessen Entscheidung, Herrn Scheffler das Recht abzuerkennen, von seiner Fahrerlaubnis innerhalb der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Der erste Erwägungsgrund der Richtlinie 91/439, mit der mit Wirkung ab 1. Juli 1996 die Erste Richtlinie 80/1263/EWG des Rates vom 4. Dezember 1980 zur Einführung eines EG-Führerscheins (ABl. L 375, S. 1) aufgehoben worden ist, lautet:

„Um einen Beitrag zur gemeinsamen Verkehrspolitik zu leisten, die Sicherheit im Straßenverkehr zu verbessern und die Freizügigkeit von Personen zu erleichtern, die sich in einem anderen Mitgliedstaat als dem niederlassen, in dem sie ihre Fahrprüfung abgelegt haben, ist ein einzelstaatlicher Führerschein nach EG-Muster wünschenswert, den die Mitgliedstaaten gegenseitig anerkennen und der nicht umgetauscht werden muss.”

Rz. 4

Im vierten Erwägungsgrund dieser Richtlinie heißt es:

„Aus Gründen der Sicherheit im Straßenverkehr sind Mindestvoraussetzungen für die Ausstellung eines Führerscheins festzulegen.”

Rz. 5

Im letzten Erwägungsgrund der Richtlinie 91/439 wird ausgeführt:

„Außerdem sollten aus Gründen der Verkehrssicherheit und des Straßenverkehrs die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, ihre innerstaatlichen Bestimmungen über den Entzug, die Aussetzung und die Aufhebung einer Fahrerlaubnis auf jeden Führerscheininhaber anzuwenden, der seinen ordentlichen Wohnsitz in ihrem Hoheitsgebiet begründet hat.”

Rz. 6

Art. 1 der Richtlinie 91/439 bestimmt:

„(1) Die Mitgliedstaaten stellen den einzelstaatlichen Führerschein gemäß den Bestimmungen d...

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