Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsmittel. Vorläufiger Rechtsschutz. Öffentliche Aufträge. Verhandlungsverfahren ohne vorherige Veröffentlichung einer Auftragsbekanntmachung. Antrag auf Aussetzung der Durchführung. Dringlichkeit. Schwerer und nicht wiedergutzumachender Schaden

 

Beteiligte

Inivos und Inivos/ Kommission

Inivos Ltd

Inivos BV

Europäische Kommission

 

Tenor

1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2. Die Inivos Ltd und die Inivos BV tragen die Kosten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 57 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 31. Juli 2021,

Inivos Ltd mit Sitz in London (Vereinigtes Königreich),

Inivos BV mit Sitz in Rotterdam (Niederlande),

Prozessbevollmächtigter: R. Martens, avocat,

Rechtsmittelführerinnen,

andere Partei des Verfahrens:

Europäische Kommission, vertreten durch B. Araujo Arce und M. Ilkova als Bevollmächtigte,

Beklagte im ersten Rechtszug,

erlässt

DER VIZEPRÄSIDENT DES GERICHTSHOFS

nach Anhörung des Generalanwalts M. Szpunar

folgenden

Beschluss

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Mit ihrem Rechtsmittel begehren die Inivos Ltd und die Inivos BV die Aufhebung des Beschlusses des Präsidenten des Gerichts der Europäischen Union vom 21. Mai 2021, Inivos und Inivos/Kommission (T-38/21 R, nicht veröffentlicht, im Folgenden: angefochtener Beschluss, EU:T:2021:287), mit dem der Präsident des Gerichts ihren Antrag auf Aussetzung des Durchführung der von der Europäischen Kommission am 19. November 2020 mit zwei Bietern abgeschlossenen „Rahmenverträge für Desinfektionsroboter für Europäische Krankenhäuser (COVID-19)” FW-00103506 und FW-00103507 (im Folgenden: streitige Rahmenverträge) zurückgewiesen hat.

Rechtlicher Rahmen

Richtlinie 89/665/EWG

Rz. 2

Art. 2 Abs. 7 der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge (ABl. 1989, L 395, S. 33) in der durch die Richtlinie 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 (ABl. 2014, L 94, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 89/665) bestimmt:

„Außer in den in den Artikeln 2d bis 2f genannten Fällen richten sich die Wirkungen der Ausübung der in Absatz 1 des vorliegenden Artikels genannten Befugnisse auf den nach der Zuschlagsentscheidung geschlossenen Vertrag nach dem einzelstaatlichen Recht.

Abgesehen von dem Fall, in dem eine Entscheidung vor Zuerkennung von Schadensersatz aufgehoben werden muss, kann ein Mitgliedstaat ferner vorsehen, dass nach dem Vertragsschluss … die Befugnisse der Nachprüfungsstelle darauf beschränkt werden, einer durch einen Verstoß geschädigten Person Schadensersatz zuzuerkennen.”

Rz. 3

Art. 2a Abs. 2 dieser Richtlinie legt fest:

„Ein Vertrag im Anschluss an die Zuschlagsentscheidung für einen Auftrag oder eine Konzession … darf frühestens zehn Kalendertage, gerechnet ab dem auf die Absendung der Zuschlagsentscheidung an die betroffenen Bieter und Bewerber folgenden Tag, bei Mitteilung per Fax oder auf elektronischem Weg, oder, falls andere Kommunikationsmittel genutzt werden, entweder frühestens 15 Kalendertage, gerechnet ab dem auf die Absendung der Zuschlagsentscheidung an die betroffenen Bieter und Bewerber folgenden Tag oder frühestens zehn Kalendertage, gerechnet ab dem Tag nach dem Eingang der Zuschlagsentscheidung geschlossen werden.

…”

Rz. 4

In Art. 2b Buchst. a dieser Richtlinie heißt es:

„Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass die in Artikel 2a Absatz 2 genannten Fristen in folgenden Fällen nicht angewendet werden:

a) wenn nach der Richtlinie 2014/24/EU [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (ABl. 2014, L 94, S. 65)] … keine vorherige Veröffentlichung einer Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union erforderlich ist”.

Rz. 5

Art. 2d Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 89/665 lautet:

„Die Mitgliedstaaten tragen in folgenden Fällen dafür Sorge, dass ein Vertrag durch eine von dem öffentlichen Auftraggeber unabhängige Nachprüfungsstelle für unwirksam erklärt wird oder dass sich seine Unwirksamkeit aus der Entscheidung einer solchen Stelle ergibt,

a) falls der öffentliche Auftraggeber einen Auftrag oder eine Konzession ohne vorherige Veröffentlichung einer Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union vergeben hat, ohne dass dies nach der Richtlinie 2014/24 … zulässig ist”.

Richtlinie 2014/24

Rz. 6

In Art. 32 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2014/24 heißt es:

„Bei öffentlichen Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträgen kann in den folgenden Fällen auf das Verhandlungsverfahren ohne vorherige Veröffentlichung zurückgegriffen werden:

c) soweit dies unbedingt erforderlich ist, wenn äußerst dringliche, zwingende Gründe im Zusammenhang mit Ereignissen, die der betreffende öffentliche Auftraggeber nicht voraussehen konnte, es nicht zulassen, die Fristen einzuhalten, die für die offene...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge