Normenkette

§ 273 BGB, § 320 BGB, § 633 BGB, § 634 BGB, § 635 BGB, § 640 BGB

 

Kommentar

Zum Leistungsverweigerungsrecht ( § 320 BGB) hat der Bundesgerichtshof ein wichtiges Urteil gefällt mit folgendem Leitsatz: "Wie jeder Bauherr darf auch der Erwerber einer Eigentumswohnung vom Bauträger die Zahlung einer nach Baufortschritt fälligen Rate des Erwerbspreises jedenfalls wegen bis dahin am Sondereigentum aufgetretener Baumängel in angemessenem Verhältnis zum voraussichtlichen Beseitigungsaufwand verweigern".

 

Link zur Entscheidung

( BGH, Urteil vom 10.11.1983, VII ZR 373/82)

Zu Gruppe 6: Baurechtliche und bautechnische Fragen; Baumängel

Anmerkung:

Der Erwerber einer Eigentumswohnung vom Bauträger-Verkäufer ließ seinen Mieter in die noch unfertige Wohnung einziehen; daraufhin forderte der Bauträger-Verkäufer den Erwerber auf, ihm in gesetzter Frist vorhandene Baumängel mitzuteilen, andernfalls die Wohnung vertragsgemäß als mangelfrei übernommen gelte. Der Erwerber teilte dem Bauträger-Verkäufer fristgemäß Mängel in der Wohnung, in der Tiefgarage und im Haus mit. Kurze Zeit darauf forderte der Bauträger-Verkäufer vom Erwerber die bei Bezugsfertigkeit und Besitzübergabe fällige fünfte (vorletzte) Erwerbspreis-Teilrate unter Fristsetzung und Androhung des Rücktrittes vom Vertrag. Der Erwerber erwiderte, dass er wegen der gerügten Mängel einen Teilbetrag zurückhalte und überwies deshalb nur knapp 60 % dieser vorletzten Rate. Der Bauträger-Verkäufer trat danach vom Erwerbsvertrag zurück und beantragte u.a. die Lösung der Auflassungsvormerkung.

Der BGH bestätigt nochmals, dass ein Erwerber durch den vorzeitigen Bezug seiner Wohnung nicht das Recht zur Mängelrüge verliert, selbst wenn im Erwerbsvertrag Folgendes vereinbart ist: "Hat der Käufer das"Vertragsobjekt vor Abnahme in Besitz genommen, so gilt es von diesem Tage an als mangelfrei abgenommen. Eine solche Klausel sei nach § 10 Nr. 5 AGBG unwirksam, zumindest ohne den vom Gesetz verlangten Hinweis. Eine fingierte Abnahme nach § 12 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B komme nach der vertraglichen Abnahmeregelung

nicht in Betracht. Sei eine förmliche Abnahme im Erwerbsvertrag vorgesehen, scheide auch eine Anwendung des § 12 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B aus.

Den Kernsatz des OLGMünchen, "das Leistungsverweigerungsrecht könnte in diesem Fall nur geltend gemacht werden, sofern der noch nicht verlangte Rest des unbestrittenen Vergütungsanspruches zur Beseitigung der Mängel nicht ausreichen würde", ließ der BGH nicht gelten.

Zwar sei das Leistungsverweigerungsrecht des § 320 BGB vom Grundsatz von Treu und Glauben geprägt, dennoch trage allein der Bauträger-Verkäufer das Risiko mangelfreier Ausführung und müsse bei Baumängeln die Einrede des noch nicht (voll) erfüllten Vertrages gegen sich gelten lassen. Selbst ein vereinbarter Sicherheitseinbehalt - bezogen auf die Gesamtvergütung - hindere einen Auftraggeber grundsätzlich nicht, fällige Abschlagszahlungen oder den Restwerklohn wegen mangelhafter Werkausführung zu verweigern. Der Auftraggeber (hier der Wohnungseigentumserwerber) könne auch ein Leistungsverweigerungsrecht hinsichtlich eines den Sicherheitseinbehalt wertmäßig übersteigenden Mängelbeseitigungsanspruches geltend machen. Zweck des Leistungsverweigerungsrechtes sei, den Auftragnehmer zur umgehenden Beseitigung von Mängeln anzuhalten. Die hier als letzte Zahlungsrate vereinbarten 3,5 % des "Kaufpreises", fällig mit Fertigstellung der gesamten Restarbeiten, decke hier nicht die Risiken des Erwerbers ab, auch im Hinblick auf etwaige spätere, erst nach Wohnungsübergabe erkennbare Mängel. Im Übrigen sei hier die mit der vorletzten Rate abzugeltende Teilleistung bereits mangelhaft.

Etwas mehr als der dreifache Betrag der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten als Leistungsverweigerung erscheine nicht rechtsmissbräuchlich. Der noch nicht fällige Betrag der Schlussrate könne hier außer Betracht bleiben. Daran ändere auch nichts der vom BGH bereits mehrfach herausgestellte Grundsatz, dass ein beträchtlicher Sicherheitseinbehalt für die Höhe einer berechtigten Leistungsverweigerung von Belang sei und bei deren Bemessung je nach den Umständen mit einbezogen werden könne (so BGH, NJW 81, 2801 und 82, 2494).

Nachdem nach der BGH-Rechtsprechung auch der einzelne Wohnungseigentümer zur Geltendmachung der primären Gewährleistungsansprüche bezüglich des Gemeinschaftseigentumes befugt sei, könne er grundsätzlich auch wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum ein Leistungsverweigerungsrecht geltend machen.

Offen blieb die bisher noch nicht entschiedene Frage, inwieweit die Ausübung eines solchen Leistungsverweigerungsrechtes Einschränkungen unterliegt, solange Wohnungseigentümer eine Mängelbeseitigung wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum nicht gemeinsam betreiben. Die Problematik einer "Übersicherung" wurde nicht angesprochen. Auch die Frage der Berechtigung des Rücktritts vom Erwerbsvertrag durch den Bauträger-Verkäufer nach Treu und Glauben konnte offen bleiben.

Der Widerruf einer vom Erwerber dem Bauträger-Verkä...

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