6.3.7.1 Überblick

 

Rz. 579

Zur Geltendmachung eines Mangelrechts ist dem Bauträger grundsätzlich eine angemessene Frist zu setzen, §§ 281 Abs. 1 Satz 1, 637 Abs. 1 BGB. Die Fristsetzung ist zum Teil entbehrlich, etwa wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert oder wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs rechtfertigen, § 281 Abs. 2 BGB. Beim Rücktritt ist eine Fristsetzung gem. § 323 Abs. 2 BGB zusätzlich dann entbehrlich, wenn der Schuldner die Leistung zu einem im Vertrag bestimmten Termin oder innerhalb einer bestimmten Frist nicht bewirkt und der Gläubiger im Vertrag den Fortbestand seines Leistungsinteresses an die Rechtzeitigkeit der Leistung gebunden hat oder wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen. Nach § 635 BGB bedarf es für Rücktritt und Schadensersatz einer Fristsetzung ferner dann nicht, wenn der Unternehmer die Nacherfüllung gemäß § 635 Abs. 3 BGB verweigert oder wenn die Nacherfüllung fehlgeschlagen oder dem Besteller unzumutbar ist. Vgl. ferner die Ausnahmen in § 637 Abs. 2 Satz 2 BGB und § 440 BGB.

6.3.7.2 Sondereigentum und Rückabwicklungsrechte

 

Rz. 580

Wegen Mängeln des Sondereigentums und für seine Rückabwicklungsrechte muss jeder Wohnungseigentümer selbst dem Bauträger eine Frist setzen. Jeder Erwerber/Wohnungseigentümer ist mithin befugt, dem Veräußerer zur Vorbereitung des großen Schadensersatzes oder für seinen Rücktritt eine Frist zur Beseitigung von Mängeln am gemeinschaftlichen Eigentum zu setzen.[1]

 
Hinweis

Fristsetzung bei Uneinigkeit der Wohnungseigentümer

Der Bauträger kann Mängel am gemeinschaftlichen Eigentum freilich nur im Einvernehmen mit allen Wohnungseigentümern beheben. Sind diese sich aber noch nicht einig, welche Rechte sie in welcher Weise geltend machen wollen, ist der Bauträger gar nicht in der Lage, der in der Fristsetzung liegenden Aufforderung eines einzelnen Wohnungseigentümers, Mängel des gemeinschaftlichen Eigentums nachzubessern, nachzukommen.[2] Die Erwägung, dass der Bauträger, wenn er den Anspruch des einzelnen Erwerbers nicht erfüllen kann, ggf. Regress bei der Wohnungseigentümergemeinschaft nehmen kann[3], liegt daher gar nicht fern.

[2] Vgl. Elzer, Info M 2006 S. 302.
[3] So Drasdo, NJW-Spezial 2006 S. 310, 311.

6.3.7.3 Primäre Mängelrechte

 

Rz. 581

Für die primären Mängelrechte kann vor einer Vergemeinschaftung jeder Erwerber/Wohnungseigentümer dem Bauträger eine Frist setzen. Nach einer Vergemeinschaftung kann nur noch die Wohnungseigentümergemeinschaft handeln.

6.3.7.4 Sekundäre Mängelrechte

 

Rz. 582

Für die sekundären Mängelrechte Minderung und kleiner Schadensersatz muss die Wohnungseigentümergemeinschaft dem Bauträger eine Frist setzen.[1]

[1] Vgl. Wenzel, NJW 2007 S. 1905, 1907.

6.3.7.5 Überschneidungen

 

Rz. 583

Fraglich ist, ob die Fristsetzung der Wohnungseigentümergemeinschaft für einen Wohnungseigentümer "wirkt" oder ob die Wohnungseigentümergemeinschaft an einer bereits erfolgten Fristsetzung eines Erwerbers partizipieren kann. Hat ein Erwerber dem Bauträger für ein gemeinschaftsbezogenes Recht eine Frist gesetzt, z. B. weil eine Wohnungseigentümergemeinschaft noch gar nicht entstanden war, kommt das der Wohnungseigentümergemeinschaft bei ihrer Rechtedurchsetzung ungeachtet des § 432 Abs. 2 BGB wohl zugute. Auch wenn ein Wohnungseigentümer dem Bauträger eine Frist für den großen Schadensersatz oder Rücktritt gesetzt hat, ist hierin als Minus auch eine Fristsetzung für gemeinschaftsbezogene und/oder vergemeinschaftete Mängelrechte enthalten.[1] Die Fristsetzung soll dem Bauträger eine Möglichkeit geben, das Geschuldete zu leisten. Da es jeweils um das Gemeinschaftseigentum geht, gibt es für eine Differenzierung kein Bedürfnis. Umgekehrt fragt sich, ob eine Fristsetzung der Wohnungseigentümergemeinschaft zugunsten eines Erwerbers wirkt, wenn dieser die Rechte auf großen Schadensersatz (Schadensersatz statt der Leistung) oder Rücktritt selbstständig geltend macht. M. E. ist auch das zu bejahen.[2]

[1] So auch OLG Hamm v. 15.3.2011, 19 W 38/10, ZWE 2011 S. 225.
[2] So jetzt auch Koeble/Kniffka, Kompendium des Baurechts, 11. Teil Rn. 273.

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