Rz. 407

Beim Bauträgervertrag handelt es sich ungeachtet der Vielfalt der vom Bauträger geschuldeten Leistungen zwar um einen vermengten, aber dennoch einheitlichen Typenmischvertrag eigener Art.[1] Ein typischer Bauträgervertrag enthält nämlich neben werk- und werklieferungsvertraglichen auch (soweit der Grundstückserwerb in Rede steht) kaufvertragliche Elemente sowie – je nach den Umständen des Einzelfalls – Bestandteile aus dem Auftrags- und Geschäftsbesorgungsrecht.[2]

1.3.1 Werkvertragliche Elemente

 

Rz. 408

Durch den Bauträgervertrag verpflichtet sich der Bauträger werkvertraglich zur Herstellung eines Gebäudes einschließlich der Außenanlagen oder zur Sanierung oder Modernisierung eines Altbaus. Dem werkvertraglichen Element kommt im Regelfall wirtschaftlich gesehen eine klare Vorrangstellung zu. Vor allem die Rechtsprechung wendet auf den Bauträgervertrag daher im Prinzip Werkvertragsrecht an[1], soweit es sich nicht um Mängel des Grundstücks handelt, wie z. B. Altlasten. Ansprüche des Erwerbers wegen Mängeln an neu errichteten Gebäuden richten sich damit grundsätzlich nach den Regelungen der §§ 631 ff. BGB[2], unabhängig davon, ob das Bauwerk bei Vertragsschluss bereits fertiggestellt war.[3]

 
Hinweis

Vorteile des Werkvertragsrechts

Der Erwerber erlangt durch die – vorrangige – Anwendung des Werkvertragsrechts vor allem 3 Vorteile[4]:

  • Nur das Werkvertragsrecht kennt eine rechtliche neben der tatsächlichen Abnahme.
  • Die Verjährung der Mängelrechte beginnt erst mit einer Abnahme, § 634a Abs. 2 BGB.
  • Der Erwerber ist berechtigt, Mängel selbst zu beheben und für diese Leistung einen Kostenvorschuss zu verlangen, § 637 BGB.
  • Außerdem hat der Unternehmer wegen der Nacherfüllung ein Wahlrecht.[5]

Das werkvertragliche Kündigungsrecht (§ 649 BGB) ist im Hinblick auf die Rechtsnatur des Bauträgervertrags und die besondere Interessenlage beim Bauträgervertrag allerdings eingeschränkt. In der Regel ist nur eine Kündigung aus wichtigem Grund zulässig.[6]

[2] OLG Oldenburg v. 21.12.2006, 8 U 149/06, IBR 2008 S. 519; Thode, NZBau 2002, S. 297, 298; Pause, NZBau 2002, S. 648, 649; a. A. Kanzleiter, DNotZ 2006, S. 246, 647; Bambring, DNotZ 2001, S. 904, 906; Bamberger/Roth/Faust § 438 BGB Rn. 20.
[3] Thode, NZBau 2002, S. 297, 298.
[4] S. dazu auch Bub, PiG 72, S. 79, 85.
[5] Bamberger/Roth/Voit § 631 BGB Rn. 17.

1.3.2 Kaufrechtliche Elemente

 

Rz. 409

Mit dem Bauträgervertrag verpflichtet sich der Bauträger zur Verschaffung eines Wohnungs- und/oder Teileigentums sowie zur Übertragung des Eigentums am Gemeinschaftseigentum. Insoweit handelt es sich jeweils um einen Rechtskauf i. S. d. § 453 BGB, auf den die Vorschriften der §§ 433 ff. BGB über den Sachkauf entsprechende Anwendung finden.

1.3.3 Auftrags- und geschäftsbesorgungsrechtliche Elemente

 

Rz. 410

Ein Bauträgervertrag kann auch Bestandteile eines Auftrags- und Geschäftsbesorgungsvertrags haben[1], etwa wenn der Bauträger durch Regelungen von Mietgarantien zur Erhöhung der Eigenkapitalquote und damit zur Finanzierung des Erwerbspreises die Rechtsverhältnisse mitgestaltet. Daneben haben Bauträger regelmäßig die Stellung eines Baubetreuers oder Architekten inne und übernehmen Beratungs- und Betreuungsfunktionen, etwa in Bezug auf Planung und Beratung hinsichtlich der Ausstattung des Sondereigentums. Zum Auftrags- und Geschäftsbesorgungsrecht im hier verstandenen Sinne zu zählen sind etwa:

  • Architektenleistungen (wie Planung, Statik, Koordination der Gewerke und Bauaufsicht);
  • Sachverwalterpflichten, z. B. Beratung und Betreuung des Erwerbers.

1.3.4 "Kollisionsausgleich"

 

Rz. 411

Für jeden Vertragsbestandteil sind die Vorschriften des entsprechenden Vertragstyps anzuwenden. Bei kollidierenden gesetzlichen Vorschriften ist unter Berücksichtigung der vertraglichen Abreden, des Vertragszwecks und der Interessenlage im Hinblick auf die Einheitlichkeit des Vertrags eine sachgerechte Lösung zu finden. In der Regel ist danach bei kollidierenden Vorschriften der einzelnen Vertragstypen das Recht desjenigen Vertragstyps anzuwenden, welcher insoweit den rechtlichen oder wirtschaftlichen Schwerpunkt bildet.[1]

Für Mängel am Bauwerk gelten daher die werkvertraglichen Gewährleistungsvorschriften, für Mängel am Wohnungseigentum/Grundstück hingegen die kaufvertraglichen Gewährleistungsrechte. Hinsichtlich der Bebaubarkeit des Grundstücks und der Bodenqualität richtet sich die Mängelhaftung nach Werkvertragsrecht, weil insoweit die Tätigkeiten des Bauträgers als Planer und Bauunternehmer im Vordergrund stehen.[2]

[1] BGH v. 29.9.1994, I ZR 172/92, NJW 1995 S. 324, 326.

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