Leitsatz

Die Verpflichtung, Stellplätze zu schaffen, trifft die Gesamtheit der Wohnungseigentümer, sodass die Ablehnung, einen Stellplatznachweis zu erbringen bzw. eine Stellplatzablösevereinbarung zu schließen, nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht.

 

Normenkette

§ 21 Abs. 4 WEG

 

Das Problem

  1. Nach der dem Bauträger B im Jahr 1968 erteilten Baugenehmigung war an einer bestimmten Stelle eine Einheit vorgesehen. Nach B's Teilungserklärung gibt es hingegen 2 Einheiten, nämlich E1 und E2. Der Bau wird nach der Teilungserklärung und entgegen der Baugenehmigung gebaut. Für E2 gibt es nicht den nach der LBO erforderlichen Stellplatz. Eine Klage, dem Bauantrag für die Nutzungsänderung in 2 Apartments stattzugeben, ist durch Urteil des VerwG Schleswig – mangels Stellplatznachweises – abgewiesen worden.
  2. In der Versammlung am 31.5.2013 wird unter TOP 12 der folgende Beschlussantrag mehrheitlich abgelehnt:

    Die Verwaltung wird ermächtigt, den fehlenden Pkw-Stellplatznachweis für die Wohnungen und bzw. für alle Wohnungen, zu denen keine Stellplatznachweise bestehen, durch einen zu beauftragenden Architekten erarbeiten zu lassen bzw. an die Gemeinde eine Ablösesumme als Stellplatzablösung zu zahlen. In diesem Fall wird der Verwalter beauftragt, mit der Gemeinde ... Verhandlungen zu führen, eine Stellplatzablösevereinbarung zu schließen und die vereinbarte Stellplatzablösesumme zu bezahlen. Diese Beträge werden aus den Bewirtschaftungskosten finanziert.

  3. Gegen diesen Beschluss geht Wohnungseigentümerin W, der die Einheiten E1 und E2 gehören, vor. Sie beantragt erstinstanzlich, den Beschluss für ungültig zu erklären und die Beklagten zu verpflichten, einen Stellplatznachweis für das Wohnungseigentum ... und ... zu führen, hilfsweise einen Stellplatzablösevertrag mit der Stadt W für die Ersetzung des Stellplatznachweises für beide Wohnungen abzuschließen.
  4. Das Amtsgericht weist die Klage ab. Es vertritt insbesondere die Auffassung, ein Anspruch auf einen Stellplatznachweis ergebe sich nicht aus § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG. Mit ihrer Berufung erstrebt W eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Sie beantragt, ihren erstinstanzlichen Anträgen stattzugeben.
 

Die Entscheidung

  1. Die Berufung hat überwiegend Erfolg! Grundsätzlich habe jeder Wohnungseigentümer aus § 21 Abs. 4 WEG einen Anspruch gegen die übrigen Wohnungseigentümer auf erstmalige Herstellung eines ordnungsmäßigen Zustandes des gemeinschaftlichen Eigentums und des Sondereigentums entsprechend der Teilungserklärung, der Gemeinschaftsordnung, dem Aufteilungsplan und den Bauplänen. Dieser Anspruch sei unverjährbar (Hinweis auf BGH v. 27.4.2012, V ZR 177/11, NJW-RR 2012 S. 910). Die Verpflichtung zur erstmaligen Herstellung eines ordnungsmäßigen Zustandes bestehe im Innenverhältnis der Wohnungseigentümer untereinander, unabhängig davon, ob Ansprüche gegen den Bauträger oder andere Baubeteiligte bestehen oder durchsetzbar seien (Hinweis auf Bub, in Staudinger, BGB, 2005, § 21 WEG Rn. 185). Zur ordnungsmäßigen Instandsetzung gehöre auch die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften (Hinweis u.a. auf BayObLG ZMR 2002 S. 847 f.).
  2. Die Errichtung der Einheiten E1 und E2 habe nicht der Baugenehmigung entsprochen. Da jedoch an den beiden Wohnungen Wohnungseigentum begründet worden sei, seien insoweit auch die öffentlich-rechtlichen Anforderungen an den Stellplatznachweis gem. § 50 LBO Schleswig-Holstein zu erfüllen.

    § 50 Stellplätze und Garagen, Abstellanlagen für Fahrräder

    (1) Bauliche Anlagen sowie andere Anlagen, bei denen ein Zu- oder Abgangsverkehr zu erwarten ist, dürfen nur errichtet werden, wenn Stellplätze oder Garagen in ausreichender Größe und in geeigneter Beschaffenheit (notwendige Stellplätze oder Garagen) sowie Abstellanlagen für Fahrräder hergestellt werden. Ihre Anzahl und Größe richtet sich nach Art und Anzahl der vorhandenen und zu erwartenden Kraftfahrzeuge und Fahrräder der ständigen Benutzerinnen und ständigen Benutzer und der Besucherinnen und Besucher der Anlagen. Es kann gestattet werden, dass die notwendigen Stellplätze oder Garagen sowie die Abstellanlagen für Fahrräder innerhalb einer angemessenen Frist nach Fertigstellung der Anlage i.S.d. Satzes 1 hergestellt werden. Mit Einverständnis der Gemeinde kann ganz oder teilweise auf die Herstellung von Stellplätzen und Garagen und die Zahlung eines Geldbetrages zur Ablösung verzichtet werden, insbesondere wenn eine günstige Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr besteht oder ausreichende Fahrradwege vorhanden sind. Stellplätze, Garagen oder Abstellanlagen für Fahrräder können mit Einverständnis der Gemeinde in allen Baugebieten für verschiedene Vorhaben mehrfach genutzt werden, wenn sich ihre Nutzungszeiten nicht überschneiden und deren Zuordnung zu den Vorhaben öffentlich-rechtlich gesichert ist.

    Diese Verpflichtung treffe die Gesamtheit der Wohnungseigentümer, sodass die Ablehnung, einen Stellplatznachweis zu erbringen bzw. eine Stellplatzablösevereinbarung zu schließen, nicht ordnungsmäßiger Verwaltu...

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