Leitsatz

Die Errichtung von Gartenhäuschen auf Sondernutzungsflächen kann duldungspflichtig sein, wenn im konkreten Fall in einer Reihenhausgemeinschaft bereits früher diverse Veränderungen vorgenommen wurden, die zu einem uneinheitlichen Gesamtbild führten

 

Normenkette

§§ 14 Nr. 1, 22 Abs. 1 WEG

 

Kommentar

  1. Generalisierend kann eine Gemeinschaft nicht mit Bindungswirkung für die Zukunft über die gesetzlichen Vorgaben für die Zulässigkeit baulicher Veränderungen am Gemeinschaftseigentum abändernd beschließen. Ein solcher Beschluss ist nichtig.
  2. Die konkrete Beschlussgenehmigung zur Errichtung von 3 Gartenhäuschen ist allerdings für andere Eigentümer nicht als nachteilige bauliche Veränderung anzusehen, wenn bereits eine Vielzahl früherer Veränderungen zu einem uneinheitlichen Gesamtbild des Gemeinschaftsgrundstücks geführt hat, das durch die neuerliche bauliche Veränderung nicht mehr weiter verstärkt wird (BayObLG, WuM 1994 S. 565; LG Hamburg, ZMR 2005 S. 989). Was die Erheblichkeitsfrage von Nachteilen betrifft, ist eine Interessenabwägung vorzunehmen, wobei auch die Schwelle für das Vorliegen eines Nachteils im Licht von Art. 14 GG insgesamt eher als niedrig anzusetzen ist (vgl. BVerfG, ZMR 2005 S. 634/636 = NZM 2005 S. 182/183). Insoweit bedarf es jeweils der Bewertung aller Umstände des Einzelfalls (vgl. etwa OLG München, ZMR 2005 S. 650/651 = NZM 2005 S. 509/510). Von einem Nachteil kann auch bei Veränderung des optischen Gesamteindrucks gesprochen werden, wobei es auf objektive Maßstäbe ankommt, nicht also auf ästhetische Wertmaßstäbe des Tatgerichts (KG, NJW-RR 1992 S. 1232 unter Hinweis auf OLG Zweibrücken, ZMR 1989 S. 228/229). Schematische Lösungen verbieten sich allerdings. Auch werden einzelnen Eigentümern selbst bei bereits anderweit vorgenommenen baulichen Veränderungen – auch in optisch nicht völliger Einheitlichkeit – keine "Freifahrtscheine" für weitere, ggf. optisch stärker ins Gewicht fallende Veränderungen erteilt.
  3. Vorliegend war die gärtnerische Gestaltung der von den Reihenmittel- und Endhäusern jeweils vorgelagerten Sondernutzungsflächen von individuellem Gepräge hinsichtlich Bepflanzung und Begrenzung gekennzeichnet; es gab schon diverse andere Gartenhäuschen, Geräteschuppen, Unterstände und Metallcontainer in den Gärten. Somit haben sich die neuerlich errichteten Gartenhäuschen nicht weiter nachteilig auf das gesamte Erscheinungsbild der Reihenhausanlage ausgewirkt, wobei zusätzlich die neuen Baulichkeiten von dichtem Pflanzenbewuchs verdeckt wurden. Durch die Errichtung der 3 Gartenhäuser ist lediglich das fortgeführt worden, was jahrelang ohnehin schon in dieser Anlage prägend errichtet worden ist.
 

Link zur Entscheidung

LG Hamburg, Urteil v. 1.6.2012, 318 S 115/11, ZMR 2013 S. 60

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